Der neue Gabenzaun in Mainz (Foto: SWR, Antje Seemann)

Zaun an der Bücherei sorgt für Ärger

Stadt Mainz: Seit zwei Jahren Beschwerden über Wohnungslose an Stadtbücherei

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Vor dem überdachten Bereich an der Mainzer Stadtbücherei steht seit mehr als einer Woche ein Zaun. Vorher hatten sich dort oft wohnungslose Menschen aufgehalten. Nun äußert sich die Stadt Mainz.

Der überdachte Bereich auf der Rückseite der Bücherei diente Wohnungslosen als Schlafplatz und Aufenthaltsort. Seit zwei Jahren erreichten die Stadt Mainz Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern und Anwohnerinnen und Anwohnern der Stadtbücherei Mainz, teilte sie nun auf SWR-Anfrage mit.

Sie spricht von Entblößen an den Fensterscheiben der Bücherei vor Kindern, von Schlagen gegen Fensterscheiben, von Ruhestörungen und von Verwahrlosung der Örtlichkeiten. Ausschlaggebend sei für die Stadt gewesen, dass Matratzen oft die Fluchtwege versperrt hätten. Deswegen habe sie den Eigentümer, ein Immobilenunternehmen kontaktiert.

"Das Blockieren von Fluchtwegen zum Beispiel durch Matratzen und andere Gegenstände ist ein höchst sensibles Thema."

Versuche von Streetworkern und Ordnungsamt wohl erfolglos

Ordnungsamt und Sozialamt hätten außerdem selbst "unzählige Versuche unternommen, Obdachlose davon abzubringen, die Fluchtwege auf der Rückseite der Bücherei zu versperren und die betreffenden Plätze nicht zu vermüllen sowie sich rücksichtsvoll zu verhalten."

Streetworkerinnen und Streetworker hätten das Gespräch mit den wohnungslosen Menschen gesucht, das Ordnungsamt hätte auch Platzverweise erteilt. "Alles blieb aber ohne Erfolg", so die Stadt. Sie hätte den Eigentümer aufgefordert, Abhilfe zu schaffen, jedoch nicht, einen Zaun aufzubauen.

Zaun um Stadtbücherei in Absprache mit Mietern errichtet

Der Eigentümer des Gebäudes, ein Immobilienunternehmen, bestätigte auf SWR-Nachfrage, dass der Zaun errichtet worden sei, weil sich die Beschwerden von Mietern, Nutzern und Anwohnern gehäuft hätten. Dabei sei es um Sicherheitsbedenken, Sauberkeit und Ruhestörung gegangen. Auch Familien, die die Bibliothek nutzen, hätten sich beklagt. Der Zaun sei in Absprache mit den Mietern errichtet worden.

Kritik: Obdachlose sollen vertrieben werden

Der neu errichtete Zaun hatte in Mainz für Empörung gesorgt. Der Sozialmediziner Gerhard Trabert, der sich mit seinem Verein Armut und Gesundheit um wohnungslose Menschen in Mainz kümmert, spricht von "Vertreibungspolitik". Auch der Vorsitzende der Mainzer Linken-Stadtratsfraktion, Tupac Orellana, fragte sich in einem Facebook-Video, ob mit dem Zaun Wohnungslose vertrieben werden sollen.

Gabenzaun für Obdachlose an der Mainzer Stadtbücherei (Foto: SWR)
An den Gabenzaun an der Mainzer Stadtbücherei können Mainzerinnen und Mainzer zum Beispiel Hygieneartikel für Wohnungslose hängen.

Keine Gespräche zwischen Stadt Mainz und Trabert

Gerhard Trabert sagt, von Beschwerden der Büchereibesucher und -besucherinnen habe er nie etwas mitbekommen. Er sei von der Stadt Mainz, die ja Mieterin der Stadtbücherei ist, zu der Problematik nie kontaktiert worden. Gemeinsam hätte man aber sicher eine Lösung finden können. Er kritisiert, dass es zu wenig Schlafplätze für Wohnungslose in Mainz gebe, besonders für Frauen, Menschen mit Hunden oder mit psychischen Auffälligkeiten.

Gabenzaun für wohnungslose Menschen

Kurz nachdem der Zaun an der Mainzer Stadtbücherei errichtet worden ist, haben Trabert und sein Team daraus kurzerhand einen Gabenzaun gemacht. Seitdem hängen Mainzer und Mainzerinnen zum Beispiel Bonbons oder Hygieneartikel in Tüten für Bedürftige dorthin.

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