Dom Speyer (Foto: SWR)

Knapp 190 Verdachtsfälle

Bistum Speyer: Mehr als 2,3 Millionen Euro für Opfer von sexuellem Missbrauch gezahlt

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Birgit Baltes

Das Bistum Speyer hat mehr als 2,3 Millionen Euro für Anerkennungsleistungen und Hilfen an die Opfer sexuellen Missbrauchs gezahlt. Bisher sind dem Bistum knapp 190 Verdachtsfälle bekannt.

"Seit dem Jahr 2010 gehen regelmäßig Meldungen ein, vorher war dies nur sporadisch der Fall", teilte eine Bistumssprecherin auf SWR-Anfrage mit. Seit 2018 die groß angelegte Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche veröffentlicht wurde, sei die Zahl der jährlich eingehenden Meldungen enorm angestiegen.

Bistum Speyer: Über 2,3 Millionen Euro Entschädigungen

Das Bistum habe bisher rund 2,3 Millionen Euro an die Opfer sexuellen Missbrauchs gezahlt. Diese Zahlungen beinhalteten auch Kosten für Therapien und Paarberatungen für die Betroffenen.

Fast alle knapp 190 Verdachtsfälle, die dem Bistum Speyer bisher gemeldet wurden, "beziehen sich auf Taten in den 1950er und 1980er Jahren", so die Sprecherin weiter. Davon sei es bisher nur in zwölf Fällen zu einer Verurteilung oder einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage gekommen.

Die meisten Verdachtsfälle wegen Verjährung eingestellt

Das Bistum Speyer leitet nach eigenen Angaben grundsätzlich alle Hinweise an die Staatsanwaltschaften weiter, wenn die Betroffenen einverstanden sind. "Leider werden heute fast alle Vorgänge durch die Staatsanwaltschaft wegen Verfolgungsverjährung eingestellt, da die Taten zu lange zurückliegen", teilte das Bistum weiter mit.

Einzelne Fälle würden aber auch aus anderen Gründen eingestellt, beispielsweise weil eine Tat, die heute unter das Strafrecht falle, früher noch nicht strafbar gewesen sei. Das bestätigen auch die Sprecher der Staatsanwaltschaften Frankenthal und Landau. Demnach hat sich die Gesetzgebung zu den Verjährungsfristen von sexuellem Missbrauch in den vergangenen Jahren mehrfach geändert und verschärft. Auch sei seit 2016 erstmals sexuelle Belästigung strafbar.

Staatsanwaltschaft Landau: Seit 2018 in 18 Verdachtsfällen ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Landau hat nach Angaben von Staatsanwältin Anne Herrmann seit Mitte 2018 in insgesamt 18 Verfahren gegen Pfarrer, Ordensleute und sonstige hauptamtliche Mitarbeiter der katholischen Kirche, wie Mitarbeitende von Kitas oder Jugendhilfeeinrichtungen geführt, "wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern, von Jugendlichen oder von Schutzbefohlenen, des Verdachts der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung oder der sexuellen Belästigung."

Davon seien die Beschuldigten in elf Verfahren auch namentlich bekannt gewesen. In keinem der Fälle sei aber Anklage erhoben worden. Alle Verfahren seien eingestellt worden, meist wegen Verjährung. In wenigen Fällen auch deshalb, "weil das angezeigte Verhalten nicht die rechtlichen Voraussetzungen eines Straftatbestands erfüllten", das heißt die Vorwürfe nicht haltbar waren oder nachgewiesen werden konnten. Oft liege es auch daran, dass sich die Opfer selbst nicht mehr genau erinnern könnten, weil die Taten so lange zurück lägen oder dass nur noch schwer Zeugen aufzutreiben seien.

Staatsanwaltschaft Frankenthal: 30 bis 40 Ermittlungen seit 2018

Bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal ergibt sich ein ähnliches Bild. Der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber berichtet von 30 bis 40 Verdachtsfällen, die das Bistum Speyer in den vergangenen fünf Jahren an die Pfälzer Ermittlungsbehörde weitergeleitet habe.

Auch hier sei ein großes Problem gewesen, dass die Tatvorwürfe oft viele Jahre zurückliegen und nicht mehr nachweisbar gewesen seien, so Ströber - beispielsweise auch weil mutmaßliche Täter nicht mehr lebten oder Zeugen nicht mehr aufzutreiben seien. Auch die Staatsanwaltschaft Frankenthal habe in keinem der Fälle seit 2018 Anklage erhoben und die Ermittlungen in allen Fällen eingestellt.

Verdacht wegen sexueller Belästigung - Ermittlungen laufen

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft noch in einem Verdachtsfall, so Ströber. Dabei gehe es darum, dass ein damals 16-Jähriger angibt, im Jahr 2018 von einem Mitarbeiter der katholischen Kirche im Bistum Speyer sexuell belästigt worden zu sein.

Wer der oder die Beschuldigte ist und wo sich die mutmaßliche Tat ereignet haben soll. Dazu macht die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben.

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