Bernd Held (Foto: SWR)

Zum Start der Missbrauchsstudie

Missbrauch im Bistum Speyer: Fünf Fragen an den Sprecher der Betroffenen

Stand
INTERVIEW
Thilo Eickhoff

Mit einer Missbrauchsstudie will das Bistum Speyer herausfinden, wie weit der Missbrauch hinter den eigenen Mauern ging. Wie sehen das die Betroffenen?

Zur Person: Bernd Held

Im Bistum Speyer hatte sich im Jahr 2021 ein Betroffenenbeirat gegründet. In ihm wirken Betroffene an der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer und einer Verbesserung der Prävention mit. Bernd Held wurde von den Mitgliedern des Beirats zum Vorsitzenden gewählt. Er wurde in seiner Schulzeit im Homburger Gymnasium Johanneum von einem Erzieher und von einem Lehrer missbraucht. Beide waren Ordensmänner. Der damals 13-Jährige verdrängte die Taten. Erst 2010 kamen die traumatischen Ereignisse wieder hoch.

Damals wurde der Missbrauchsskandal in der Katholischen Kirche in Deutschland öffentlich. Bernd Held erzählte seiner Ehefrau und seinen Eltern von den Taten. Dann fanden sich Mitschüler zusammen, die ebenfalls Opfer waren. Der Saarländer engagiert sich seitdem in der Missbrauchsaufklärung.

SWR Aktuell: Wie wichtig ist die Missbrauchsstudie des Bistums Speyer für die Betroffenen?

Bernd Held: Aus unserer Sicht ist es erstmal wichtig, dass herausgearbeitet wird, welche Strukturen damals dazu geführt haben, dass so etwas passieren konnte und was von diesen Strukturen noch übrig ist. Und zum zweiten darf nichts mehr vertuscht oder unter den Teppich gekehrt werden. Das ist es, was uns als Betroffenen wichtig ist.

"Bestraft wurde niemand."

SWR Aktuell: Was erhofft sich der Betroffenenbeirat davon?

Held: Eines der Ziele des Beirats ist es, für Prävention zu sorgen, zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Und da erwarten wir einfach, dass erkannt wird: Woran hat es gelegen, was hat das begünstigt und wie kann man so etwas in Zukunft verhindern?

Speyer

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Am Nachmittag SWR4 Rheinland-Pfalz

SWR Aktuell: Wie geht das Bistum Speyer aus Ihrer Sicht mit dem Thema Missbrauch in der katholischen Kirche um?

Held: Aus meiner Sicht sehr gut. Wir als Betroffenenbeirat rennen hier offene Türen ein, haben von der Bistumsleitung volle Rückendeckung und können im Prinzip alles tun, was wichtig ist und werden dabei nicht blockiert, wie das in anderen Bistümern ist. Aus dem persönlichen Gespräch mit dem Bischof und dem Generalvikar weiß ich, dass die hinter uns stehen. Eine Betroffene aus einem anderen Bistum hat kürzlich gesagt: "Das, was da in Speyer passiert, hat Leuchtturmcharakter." Und das ist auch so.

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SWR Aktuell: Sie gehören selbst zu den Betroffenen. Was ist Ihnen passiert und wurden die Täter bestraft?

Held: Ich war Internatsschüler in Homburg an der Saar. In dieser Zeit wurde ich von zwei Patres sexuell missbraucht. Bestraft wurde niemand. Die haben sich 2010 oder 2011 beide bei der Staatsanwaltschaft selbst angezeigt, im Wissen, dass die Taten verjährt sind und ihnen nichts passieren kann. Der eine ist inzwischen verstorben und der andere lebt, soweit ich weiß, in einem Ordenshaus bei Münster.

Das ist für mich insofern wichtig gewesen, als dass es mir die ganzen Plausibilitätsprüfungen erspart hat. Was mir passiert ist, wird als Tatsache anerkannt. Und ich muss nicht mehr dafür kämpfen, dass es anerkannt wird. Es wird nur nichts draus gemacht, aus dieser Erkenntnis.

SWR Aktuell: Was für Menschen sind das, die sich an den Betroffenenbeirat wenden und was erzählen sie Ihnen?

Held: Am Anfang dachte ich, da wird sich nur ein, ich sag mal, bestimmtes Klientel an uns wenden. Aber ich war überrascht, wie vielfältig das ist, und dass es nicht nur Menschen sind, die so etwas sagen, wie: "Ich will die katholische Kirche kaputtmachen." Es sind einige Leute, denen sehr viel an der katholischen Kirche liegt. Leute, die sagen: "Ich kann nur in meiner spirituellen Heimat bleiben, wenn das jetzt ehrlich aufgearbeitet wird."

Wie haben auch einen, der sich gemeldet hat, und gesagt hat: "Ja, ich bin ein Betroffener. Ich möchte aber keinen Antrag auf Entschädigung stellen, ich möchte nur, dass mein Fall mitgezählt wird." Es geht den Leuten nicht nur um Geld, das ist mir wichtig: Die wollen, dass ihre Fälle anerkannt werden, dass sie aufgeklärt werden, und dass diese Strukturen abgeschafft werden, damit so etwas nie wieder passieren kann.

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