Ein Storch und seine Jungen.  (Foto: dpa Bildfunk, Carsten Rehder)

Nachwuchs beim Pfalzstorch

Storchenzentrum Bornheim: Blick in die Kinderstube der Störche

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Ulrike Brandt
SWR Reporterin Ulrike Brandt (Foto: SWR)

Bei den Störchen in der Südpfalz ist Hochsaison. Meister Adebar brütet. Täglich schlüpfen neue Küken. Das Storchenzentrum in Bornheim (Kreis Südliche Weinstraße) hat das ganz genau im Blick.

Die Leiterin des Storchenzentrums Rheinland-Pfalz in Bornheim, Jessica Lehmann, blickt gespannt auf einen Bildschirm. Eine Webkamera liefert Bilder aus einem Nest. So kann die Expertin beobachten, wie sich die Störche beim Brüten und bei der Aufzucht ihrer Jungen verhalten.

Suchtfaktor: Storchengucken

Das Nest mit der installierten Kamera ist 500 Meter von Lehmanns Arbeitsplatz entfernt. Die quirlige Frau mit den lockigen, blonden Haaren sitzt gerade jetzt, wenn die Küken kurz davor sind, zu schlüpfen, besonders lange vor dem Bildschirm. Das sei wie eine Sucht - das Storchengucken.

Sie schaue immer zu, in der Hoffnung, genau den Moment zu erwischen, in dem der Altstorch von seinen Eiern aufsteht und sie wendet. "Das passiert so alle 20 bis 40 Minuten. Wenn ich diesen Moment verpasse, dann sitze ich schon mal eine Stunde länger hier als geplant“, sagt Lehmann lachend.

Arbeitsteilung bei Störchen großgeschrieben

Für Lehmann ist es eine aufregende Zeit, wenn täglich neue Küken schlüpfen. Alleine in Bornheim, dem selbst ernannten "Storchendorf“ gibt es mehr als 30 Nester. In ganz Rheinland-Pfalz haben im vergangenen Jahr 490 Paare ihre Jungen groß gezogen.

Die Leiterin des Storchenzentrums schwärmt von der Gleichberechtigung der Vogeleltern, genauso sollte es sein in einer Partnerschaft. "Ich nenne das den Wachwechsel: Der eine Partner fliegt aus dem Nest, um neue Nahrung zu suchen, sobald der andere mit vollem Schnabel zurückkommt.“

"Jetzt wird es etwas unappetitlich“, sagt sie. Andere Vögel geben ihre Nahrung direkt in die Schnäbel ihrer Jungen – beim Storch ist es etwas rustikaler. Das Elternteil auf den Bildern der Webcam, das gerade mit vollem Schnabel zurück gekommen ist, spuckt alles ins Nest. Ist eines der drei grauen Küken zu schwach, um dran zu kommen, hat es das Nachsehen. Und stirbt, falls das zu oft passiert.

Gefahr droht durch Kälte plus Regen

Und den Storchenjungen droht noch eine andere Gefahr. Eine von oben. Ein Kälteeinbruch mit Regen, der würde für viele Jungen tödlich enden, erklärt die Expertin aus Bornheim. "Es darf auch mal kalt sein, aber für eine stabile Population brauchen wir Regen und Sonne.“ Vor zwei Jahren, da habe es so eine Nacht mit extremen Wetter gegeben. Viele Jungtiere seien gestorben. Ein schreckliches Erlebnis.

Dann löst sich Jessica Lehmann vom Storchen-Gucken am Bildschirm. Sie hat noch viel zu tun, muss Termine planen für Schulklassen, die sich die Storchennester draußen in echt anschauen wollen.

Bevor Lehmann ihren Laptop zuklappt, sagt sie noch: "Es ist faszinierend. Storchenjungen haben nur zwei Monate Zeit zum Wachsen. Nach zehn Wochen sind sie ausgewachsen und verlassen das Nest.“ Danach gehen die Eltern oft wieder getrennte Wege. Vielleicht macht das die Sache mit der Gleichberechtigung einfacher.