Am 23. Februar sind die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland aufgerufen, ihre Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben. Doch Politik sollte nicht nur diejenigen interessieren, die über 18 Jahre alt sind. Oft hört man von Politikverdrossenheit und dem angeblichen Desinteresse junger Menschen. Doch ist das wirklich so?
Wir haben vier Jugendliche aus Ludwigshafen zwischen 15 und 19 Jahren getroffen, um mit ihnen über die Bundestagswahl und ihre Sicht auf Politik zu sprechen.
Jugendliche zeigen Interesse – trotz Herausforderungen
Das Erich-Ollhauer-Haus in Ludwigshafen ist eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche – viele von ihnen mit Migrationshintergrund. Hier treffen wir Sofian, Ilidio und zwei weitere junge Menschen, die sich leidenschaftlich mit politischen Themen auseinandersetzen. Für sie steht fest: Politik betrifft alle, auch die, die noch nicht wählen dürfen.
"Es geht um unsere Zukunft, um die Zukunft von uns jungen Menschen“, sagt der 16-jährige Sofian. Sein Interesse an Politik hat er durch die Schule und Plattformen wie TikTok entdeckt. Doch er sieht ein Problem: "Viele in meinem Umfeld lassen sich von Social Media und den Wahlversprechen beeinflussen, ohne sich richtig zu informieren.“ Besonders die AfD falle hier durch gezielten Content auf, der junge Menschen ansprechen soll.
Politische Bildung: Ein wichtiges Thema
Alle vier Jugendlichen betonen, wie wichtig politische Bildung ist. Sie berichten von Themenwochen in der Schule, die vor Wahlen stattfinden. Dabei werden Wahlprogramme analysiert, Gespräche mit Politikern geführt und sogar Wahlen simuliert. Dieses Programm findet im Rahmen der sogenannten 'Junior Wahlen' statt. Das Programm steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Besonders beeindruckt hat die Jugendlichen das simulierte Wahlerlebnis: Wahlkabinen wurden in der Schule aufgebaut und jeder konnte seine Stimme abgeben. Doch die Ergebnisse der Junior Wahlen sorgen auch für Nachdenklichkeit. "Viele haben die AfD gewählt, weil sie es witzig fanden und sich nicht wirklich mit deren Programm auseinandergesetzt haben", erzählt ein 15-Jähriger, der anonym bleiben möchte. Er berichtet auch von Gesprächen mit einem Mitschüler, der ein Praktikum bei der AfD in Berlin gemacht hat.
"Ich habe gemerkt, dass ich ihn nicht überzeugen kann. Seine Meinung war zu festgefahren."
Mehr Engagement und Neutralität gefordert
Die Jugendlichen wünschen sich mehr Angebote, um politische Themen besser zu verstehen. "Politik sollte ein eigenes Schulfach sein und nicht nur Teil von Sozialkunde", schlägt eine 19-Jährige vor, die bereits wählen durfte. Sie ist auch überzeugt, dass politische Messen, auf denen Politiker direkt über ihre Themen sprechen, viel bewirken könnten.
Eine weitere Kritik der Jugendlichen richtet sich an die Parteien selbst: Während des Wahlkampfs seien die Parteien sehr präsent, vor allem auf Social Media. Doch nach der Wahl könne man kaum nachvollziehen, welche Versprechen tatsächlich umgesetzt würden. "Wir müssen uns selbst informieren, weil wir keine neutralen Erklärungen zu den Programmen der Parteien bekommen", sagt Sofian.
Jugendliche wollen Perspektiven aufzeigen
Ein Wunsch der Jugendlichen ist es, Politikern das echte Leben näherzubringen. "Die kennen doch nur ihr Büroleben. Wie es in sozialen Berufen ist und welche Herausforderungen es gibt, wissen sie nicht", erklärt die 19-Jährige.
Alle vier Jugendlichen stimmen überein, dass es wichtig ist, sich selbst ein Bild zu machen. Sie fordern mehr Neutralität in der politischen Kommunikation und wünschen sich mehr Angebote, um ihre Generation besser aufzuklären. Denn eines steht für sie fest: Jeder, der wählen darf, sollte diese Chance nutzen.
Jeder, der kann, soll auch wählen gehen!