Umweltaktivisten proben den Ernstfall

Trainingscamps der "Letzten Generation" in Kusel

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AUTOR/IN
David Kerszis
Online-Fassung: Christian Papadopoulos

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"Die Letzte Generation" - bei diesem Stichwort fällt jedem gleich ein: Das sind die mit dem Kleber auf der Straße und die mit dem Kartoffelbrei. Mit ihren Aktionen protestieren sie in ganz Deutschland für mehr Klimaschutz - kürzlich auch in Mainz, in der Nähe des Hauptbahnhofes. Und die Zahl der Menschen, die sich der Letzten Generation anschließen, wächst. Gewaltfrei und friedlich soll ihr Protest sein. Das betont die Gruppe immer wieder - und vermittelt das ihren Mitgliedern in Workshops. SWR-Reporter David Kerszis begleitete einen solchen Workshop in Kusel im Westen der Pfalz.

Realität wird per Rollenspiel nachgestellt

Per Rollenspiel wird hier die Realität auf der Straße trainiert. Im "AktionsCamp" lernen die angehenden Aktivisten, wie sie sich gegenüber der Polizei oder auch Autofahrern verhalten sollen. Die Zeiten friedlicher Protestmärsche sind vorbei. "Die Letzte Generation" hält ihre Aktionen, bei denen sie den Verkehr häufig stundenlang lahmlegt, für ein legitimes Mittel.

Aktivist Michael Frei sagt, man habe gegenüber der Politik nicht das Notwendige erreicht. "Deshalb greifen wir zum zivilen friedlichen Widerstand. Der klare Grenzen hat dort, wo Gewalt gegen Personen angewendet wird."

Deutsche Polizei-Gewerkschaft kritisiert die Schulungen

Der Ehrenkodex ist löblich. Doch, dass jetzt Aktivisten gezielt auf Protestaktionen vorbereitet und dafür geschult werden, sieht die Polizeigewerkschaft kritisch. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizei-Gewerkschaft (DPolG) Rheinland-Pfalz, Thomas Meyer, sagte dem SWR, "Dem erteilen wir eine klare Absage. Wir lehnen das ab, dass man das auch noch schult."

Polizei-Maßnahmen schrecken Aktivisten nicht ab

Mit ihren Protesten sorgen die Klimaaktivisten für Aufsehen, aber vor allem für Chaos. Immer wieder kleben sie sich auf Hauptstraßen fest und legen den Verkehr für Stunden lahm. Deshalb fordern Politiker und Polizei einen sogenannten Verhinderungsgewahrsam. So soll verhindert werden, das sich Einzelne, die von der Polizei befreit wurden, nur Stunden später an einer anderen Stelle wieder festkleben. Doch das scheint die Aktivisten nicht zu stören.

"Wir lassen uns nicht abschrecken von 30 Tagen Gewahrsam, weil es geht verdammt noch mal darum, das wir hier in 25 Jahren noch eine Ernte haben, dass kein Wassermangel hier herrscht und dass keine 200 bis 300 Millionen Menschen auf der Flucht nach Europa sein müssen, weil wir die Lebensgrundlage zerstören mit unserem Kurs.“

Auch Haftstrafen werden in Kauf genommen

Von diesem ihren Kurs wollen die jungen Aktivisten nicht abweichen. Selbst Haftstrafen sehen sie gelassen entgegen. "In einer Welt, in der die Klimahölle immer wieder beschrieben wird vom UN-Generalsekretär und von Wissenschaftlern, in einer solchen Welt ist es schlicht egal, ob ich einen Eintrag im Führungszeugnis habe und einen perfekten Lebenslauf. Das sind einfach zweitrangige Dinge, deshalb haben wir da keine Angst", sagt Meier.

Die "Letzte Generation" will einstehen für ihre Ideale und ihren Weg raus aus der Klimakrise. Ein Zurück oder gar das Beenden der Proteste halten Experten für ausgeschlossen. So meint etwa der Protestforscher Simon Theune, "wenn man sich schon einmal dazu entschieden hat, Gesetze zu überschreiten - dann ist es schwierig zurückzurudern."

Dazu passt, dass die Trainigscamps mittlerweile fast täglich stattfinden. Das Interesse sei riesig, meinen die Umweltaktivisten.

Mainz

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Sechs Klimaaktivisten der sogenannten Letzten Generation haben am Freitag in Mainz den Verkehr blockiert. Die auf der Straße festgeklebte Hand eines Aktivisten musste mit einer Flex gelöst werden.

Am Vormittag SWR4 Rheinland-Pfalz

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