Beschwerden bei der Bürgerbeauftragten - für manche junge zum Haareraufen

Jahresbericht für Rheinland-Pfalz

Die fünf kuriosesten Beschwerden bei der Bürgerbeauftragten

Stand
Autor/in
Sibille Lozano
Bild von Sibille Lozano, Redakteurin bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Der Job der Bürgerbeauftragten ist, Menschen bei ihren Problemen mit der Verwaltung zu helfen. Dabei gab's 2022 in Rheinland-Pfalz gleich mehrere sehr ungewöhnliche Beschwerden.

Exakt 2.093 Beschwerden landeten im vergangenen Jahr bei der Bürgerbeauftragten Barbara Schleicher-Rothmund. Vor allem drei Themen haben die Menschen in Rheinland-Pfalz umgetrieben: die Grundsteuerreform, der Zensus und der Personalmangel im öffentlichen Dienst. Darüber hinaus gab es jedoch auch einige ungewöhnliche Fälle, mit denen sich die Bürgerbeauftragte 2022 beschäftigte.

1. Russisch-ukrainische Freundschaft im Gefängnis
2. Dubiose Ausrede fürs Rasen auf der A63
3. Unschuldige Witwe im Visier der Ermittler
4. Wo kommen die Brummgeräusche her?
5. Kein Anspruch auf Quellwasser

1. Russisch-ukrainische Freundschaft im Gefängnis

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat auch die Gefängnisse im Land vor neue Herausforderungen gestellt: Das Justizministerium hatte beispielsweise direkt im März angeordnet, russisch- und ukrainischstämmige Gefangene getrennt voneinander unterzubringen, um Konflikte zu vermeiden. Doch dagegen wehrten sich Insassen einer Jugendstrafanstalt im Land.

Die drei jungen Männer mit russischer und ukrainischer Staatsangehörigkeit gaben bei der Bürgerbeauftragten an, sie hätten keine Probleme miteinander. Eine Trennung sei unnötig und gefährde zudem ihre Ausbildung, da sie nicht mehr zusammenarbeiten könnten und so Fehlzeiten für jeden Einzelnen entstünden. Nach einem Schriftwechsel zwischen der Jugendstrafanstalt und dem Ministerium war klar: In begründeten Einzelfällen können Gefangene zusammenbleiben, die Trennung der Männer wurde aufgehoben.

2. Dubiose Ausrede fürs Rasen auf der A63

Erfolglos blieb ein Mann, der bei der Bürgerbeauftragten erreichen wollte, dass sein Bußgeldbescheid wegen zu schnellen Fahrens aufgehoben wird. Folgendes war passiert: Der Mann wurde Anfang Juni gegen 17:30 Uhr auf der Autobahn 63 in Höhe Alzey mit 172 Kilometern pro Stunde geblitzt. In dem Bereich gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern. Als Erklärung gab der Mann an, er sei schneller gefahren, weil es auf der Gegenfahrbahn in Richtung Kaiserslautern einen Unfall gegeben habe und er die nächste Abfahrt nehmen wollte, um zu helfen.

Tatsächlich wurde der Mann aber an einer Stelle geblitzt, die noch neun Kilometer vom Unfallort entfernt war. Außerdem waren zu dem Zeitpunkt, als der Mann an der Stelle vorbeifuhr, die Rettungsmaßnahmen bereits beendet. Am Ende blieb es bei dem Bußgeld von 348,50 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.

Verkehrsschild mit der Geschwindigkeitsangabe von 130 Stundenkilometer
Der Raser auf der A63 hatte satte 42 Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho.

3. Unschuldige Witwe im Visier der Ermittler

Eine - wie es im Bericht heißt - "hochbetagte" Frau hatte sich 2022 an die Bürgerbeauftragte des Landes gewandt, um sich darüber zu beschweren, dass ihr Mann nach seinem Tod obduziert wurde. Er sei gegen ihren Willen "aufgeschnitten" worden. Es sei grausam für sie gewesen, beim Abschied ihren Mann mit einem Schnitt am Kopf zu sehen. Sie komme nicht darüber hinweg. Was war passiert?

Als der Mann starb, hatte der Arzt, der die Todesbescheinigung ausstellte, als Todesart "ungeklärt" eingetragen. Die Polizei kam nach der Befragung der Ehefrau auch zu keinem Ergebnis. Daraufhin übernahm die Staatsanwaltschaft. Sie betonte: Sie müsse ihre gesetzliche Aufgabe wahrnehmen, um zu klären, ob eine Straftat vorliege - deswegen die Obduktion des Leichnams.

Rentnerin zündet ein Grablicht an
Die Bürgerbrauftragte kümmerte sich auch um das Anliegen einer verzweifelten Witwe.

Diese Erklärung genügte der Witwe nicht. Sie habe "etwas von einem Behandlungs- oder Pflegefehler" gelesen. Es käme gar ein strafbares fremdes Verschulden in Betracht. Dies habe sie erschüttert, denn sie habe ihren Ehemann bis zum Schluss aufopferungsvoll gepflegt. Die Staatsanwaltschaft bedauerte zwar, dass die Ermittlungen die Frau belasteten – allerdings sei die Obduktion des Leichnams unerlässlich gewesen und keinesfalls ein Vorwurf gegen die Witwe. Die Bürgerbeauftragte bestätigte: Es gab keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges oder unzweckmäßiges Handeln der Staatsanwaltschaft.

4. Wo kommen die Brummgeräusche her?

In einem anderen Fall musste sich die Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz um ein mysteriöses Brummen kümmern. Konkret hatte sich eine Frau wegen "erheblicher Lärmbelästigung" beschwert, die ihrer Meinung nach von einer Kühlanlage eines Lebensmittelmarktes in der Nachbarschaft ausging. Sie habe nicht mehr schlafen können, das "ständige Gedröhne" sei für sie gesundheitsgefährdend. Messungen der zuständigen Struktur- und Genehmigungsdirektion vor Ort haben jedoch ergeben: Die Lautstärke, die nachts vom Kühler ausgeht, liegt im zulässigen Bereich. Fazit der Bürgerbeauftragten: Die Ursache für den Lärm sei unklar, er rühre möglicherweise von einer anderen, nichtgewerblichen Quelle her. Ob die Betroffene weiterhin schlecht schlafen kann, ist nicht überliefert.

5. Kein Anspruch auf Quellwasser

Welches Trinkwasser darf's sein? Geht es nach einer Rheinland-Pfälzerin, sollte es schon Quellwasser sein, dass da aus dem Wasserhahn sprudelt. Die Frau störte sich daran, dass das Trinkwasser für ihren Stadtteil ein Rheinuferfiltrat und zugekauft sei. Härtegrad: zehn. Die anderen Einwohnerinnen und Einwohner des Verbandsgemeindegebietes erhielten hingegen Trinkwasser, das hauptsächlich aus Quellwasser bestehe. Härtegrad: vier. Die Frau argumentierte: Durch den hohen Härtegrad würden ihre Geräte und Wasserleitungen mehr belastet, sie fühle sich ungleich behandelt.

Die Verbandsgemeindeverwaltung prüfte den Fall und kam zu dem Ergebnis: Jede ihrer Kommunen erhielt einen Mix aus Wasser aus der eigenen Gewinnung und aus zugekauftem Fremdwasser. Dabei handele es sich um einwandfreies Trinkwasser. Es gebe kein exklusives Recht, Wasser aus der Natur für die Trinkwasserversorgung zu nutzen. Einen Anspruch auf einen geringeren Härtegrad habe die Bürgerin auch nicht.