Nischenberuf Zeppelin-Pilot: Was macht den Job so besonders?

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Jonathan Hadem

Einen Zeppelin zu steuern ist ein ausgesprochen exklusiver Job: Weltweit gibt es nur 9 Zeppelin-Piloten und 2 Zeppelin-Pilotinnen. Die Rundflüge mit den Luftschiffen, z.B. über dem Bodensee, sind sehr beliebt. Plätze sollte man schon weit im Voraus buchen. Ab dem nächsten Jahr soll es einen weiteren Standort im Ruhrgebiet geben. Auch deswegen wird in der Zeppelin-Reederei in Friedrichshafen zurzeit ein weiterer Zeppelin gebaut. Außerdem werden neue Piloten ausgebildet. Das macht Fritz Günther, er ist der Chefpilot der Deutschen Zeppelin-Reederei und Ausbildungsleiter. SWR-Aktuell-Moderator Jonathan Hadem hat mit ihm über die Faszination Zeppelin gesprochen.

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SWR Aktuell: Sie haben 1991 ihren ersten Flug gemacht. Warum fliegen sie nach weit mehr als 30 Jahren immer noch Zeppelin?

Fritz Günther: Ich komme aus der Fliegerei mit Flugzeugen. Zeppelin zu fliegen, das ist ist eine Kunst. Das ist solides Handwerk, verbunden mit Technik, modernster Technik beim Zeppelin, und immer nah an der Natur dran. Und das ist eine echte Herausforderung. Man ist nicht mehr so der „Systemadministrator“, drückt nicht nur Dopfer und Autopiloten etc. - sondern wir fliegen noch richtig mit der Hand und richtig mit Gefühl.

SWR Aktuell: Es ist aber ja trotzdem ein spezieller Zweig der Fliegerei. Warum gibt es denn nur so wenige Zeppelin-Pilotinnen und -Piloten?

Fritz Günther: In letzter Instanz ist es der Tatsache geschuldet, dass derzeitig weltweit nur fünf Zeppelin-NT-Luftschiffe unterwegs sind. Wir bekommen einen dritten hier nach Europa, drei in den USA - und deshalb auch die Ausbildung, und deshalb natürlich auch die begrenzten Sitzplätze im Cockpit fürs fliegende Personal.

SWR Aktuell: So ein Flug am Bodensee kostet die Passagiere zwischen 300 und 1.000 Euro, je nachdem, welche Strecke man wählt. Das ist ja schon eine ganz schöne Hausnummer. Ist das auch ein Grund, warum nicht mehr Zeppeline gebaut werden, oder warum es nicht mehr gibt, weil der Betrieb einfach extrem teuer ist?

Fritz Günther: Wie eigentlich gerade überall auf der Welt haben sich Inflationsraten etc. auch auf unsere Preisgestaltung ausgewirkt. Aber wenn wir mal das Gesamtpaket sehen, wenn der Passagier kommt, wenn er eingecheckt wird, er bekommt noch einen Film zu sehen, die Belehrung, raus ans Schiff gehen und so weiter. Dann wird aus einer Stunde Flugzeit, die man effektiv, hat ein Event-Erlebnis von circa drei Stunden. Und dann relativiert sich natürlich dann auch schon ein bisschen der Preis. Und wenn wir von 1.000 Euro die Stunde reden, dann sind Sie zwei Stunden unterwegs. Und das, was Sie dort sehen, sehen Sie weltweit nirgendwo wieder. Wenn sie in 300 Meter über Grund mit 60 Stundenkilometern über der Region fliegen, ist das schon ein besonderes Erlebnis. Und natürlich sind die Anschaffungskosten eines Luftschiffes schon signifikant. Und natürlich ist die Finanzierung für den Anlauf und den Betrieb auch schon eine ganz schöne Größe. Und natürlich schauen wir auch, dass wir, wenn wir Luftschiffe bauen und verkaufen, auch mit solventen Partnern unterwegs sind. Und dann dauern die Prozesse manchmal schon recht lange.

SWR Aktuell: ….. So wie ein Zeppelin auch etwas länger braucht als ein Flugzeug. Als Zeppelinpilot fliegt man ja nicht nur Passagiere auf Rundflügen durch die Gegend, sondern ist auch ab und zu für die Wissenschaft unterwegs. Was machen Sie da - und warum gerade mit dem Zeppelin?

Fritz Günther: Generell haben wir drei Zweige in unserem Business Case. Das ist natürlich der sanfte Tourismus. Das sind die wissenschaftlichen Flüge. Und natürlich sind wir auch für unseren Sponsor -zurzeit ist es Goodyear- auch unterwegs bei großen Events, Rennveranstaltungen etc. und machen dort Live-Kameraübertragungen. In dem wissenschaftlichen Bereich haben wir eine Nische belegen können, die ausschließlich die Plattform Zeppelin NT bietet. Wir sind hauptsächlich unterwegs in der atmosphärischen Forschung beziehungsweise auch im Bereich der Meeresbiologie. Denn die Möglichkeit, viel Zuladung, lange Flüge sehr langsam fliegen können und zum Teil auch stehenbleiben zu können, das bietet bei dieser vibrationsarmen Fortbewegung kein anderes Luftfahrzeug.

SWR Aktuell: Da muss man also auch schon einiges können. Wer so einen Zeppelin fliegen will, muss schon eine Berufspilotenlizenz haben und auch genügend Flugstunden. Was genau müssen denn ihre Azubis noch lernen, um einen Zeppelin fliegen zu dürfen?

Fritz Günther: In letzter Instanz ist das keine Raketenwissenschaft, mit welchem technischen Knowhow wir umgehen. Das Problem allerdings ist, dass wir neben einer besonderen Aerodynamik auch ein Luftschiff, ein Zeppelin NT, auch wenn er manchmal ein bisschen unförmig aussieht, verfügt über aerodynamische Qualitäten,  aber ist auch die Aerostatik – sprich: Das Helium, womit das Luftschiff mehr oder weniger seinen Hauptauftrieb erzeugt, verändert sich und diese Aerostatik zusammen mit der Aerodynamik ist schon signifikant anders als bei einem Hubschrauber oder bei einem Flugzeug. Hinzu kommt: Das Luftschiff wiegt, wenn es leer ist, 7,5 Tonnen. Das Gewicht allerdings, also die Masse, sind nur 300 Kilo - und Masse erzeugt die Trägheit. Und da braucht es schon Erfahrungen, um dieser Trägheit hinterherzukommen beziehungsweise als Pilot weit voraus zu denken: Was macht das Schiff?

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Jonathan Hadem