Kameraautos gegen Falschparker? Datenschützer haben Bedenken

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AUTOR/IN
Andreas Böhnisch
ONLINEFASSUNG
Stefan Eich

Die Bundesländer wollen künftig Scan-Fahrzeuge gegen Falschparker einsetzen können. Die sollen automatisch im Vorbeifahren die Kennzeichen von rechtswidrig abgestellten Autos erfassen. Danach sollen die Daten für das Bußgeldverfahren genutzt werden. Die Länder wollen, dass dafür das Straßenverkehrsgesetz geändert wird. Das reicht nicht, sagt der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Tobias Keber. Im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch erklärt er, wo die Probleme liegen.

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SWR Aktuell: Haben Sie Bedenken, wenn parkende Autos gescannt und Falschparker per Computer ermittelt werden?

Tobias Keber ist seit Juli 2023 neuer Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)
Tobias Keber ist seit Juli 2023 neuer Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg.

Tobias Keber: Bedenken…..es heißt ja immer der Datenschutz verhindert Innovationen. Allerdings stellt der Datenschutz berechtigte Fragen, wenn es um die Überwachung des öffentlichen Raums geht. Und man kann, das ist schon denkbar, ein Gesetz machen, das hier eine Eingriffsgrundlage bietet. Allerdings müsste dieses Gesetz Vorgaben abbilden, die datenschutzrechtlich durch die Datenschutzgrundverordnung und auch unsere Verfassung abgedeckt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt 2018 ein größeres Urteil gefällt, wann man Kennzeichen automatisiert verarbeiten darf.

SWR Aktuell: Da es eben um die Überwachung des öffentlichen Raums geht, wie sie zurecht sagen, lassen Sie uns auf die Details schauen: Wie könnte denn eine gesetzliche Regelung für Scancars aussehen, die den Datenschutz ausreichend berücksichtigt?

Keber: Das Gesetz müsste zuerst einmal sagen, was passiert eigentlich bei einem  Nicht-Treffer? Das Autos fährt da entlang und erhebt die Kennzeichen und gleicht sie ab mit einer Datenbank. In der sind diejenigen Menschen gespeichert, die zum Beispiel Parkausweise haben. Und dann muss es zum Beispiel eine Regelung geben, was bei Nicht-Treffern passiert. Also: Es wird erhoben, dann wird gesagt, gut, die oder der war berechtigt, da zu parken. Und dann müssen diese Daten nämlich direkt wieder gelöscht werden, denn wir haben ja hier keinen Normverstoß. Weiter müsste dieses Gesetz regeln, wie genau funktioniert das eigentlich mit dieser Bilderhebung? Wird nur das Kennzeichen erfasst? Wenn zu Beweiszwecken ein Foto gemacht wird - wird dann auch der Standort erfasst, wird das auch gespeichert? Was passiert mit Passantinnen und Passanten, die neben dem Auto stehen, also Unbeteiligte? Die sogenannten technisch-organisatorischen Maßnahmen, das müssten Sie alles in diesem Gesetz abbilden.

SWR Aktuell: In zahlreichen Städten in Europa sind solche Scancars schon unterwegs, zum Beispiel in Paris. Die Stadt nimmt nach eigenen Angaben mehr Bußgelder ein, und es gebe auch wieder mehr freie Parkplätze. Schauen wir auf die Praktikabilität eines solchen Systems. Scancars, die durch die Straßen fahren und Falschparker erfassen. Meinen Sie wirklich, dass das so gut funktioniert?

Keber: Das ist die große Frage. Diese Systeme werden zum Teil mit Modellrechnungen erklärt. Diese Modellrechnungen, die sagen: Ein Mensch, der für die Parkraumüberwachung zuständig ist, schafft 50 Abfragen in der Stunde. Und wenn wir das jetzt hier automatisiert machen - und es geht ja schon ein bisschen in Richtung automatisierter Normvollzug -, dann schaffen wir tausend in der Stunde. An diese Modellrechnungen würde ich schon mal ein großes Fragezeichen machen. Das geht vielleicht, wenn sie eine gerade Straße entlang fahren. Aber ob Sie in der verwinkelten Innenstadt wirklich auf diese Zahlen kommen, das möchte ich zumindest infrage stellen. Auch das Bundesverfassungsgericht sagt: Denkbar ist so etwas, aber Sie brauchen ein gewichtiges öffentliches Interesse daran. Wenn man also hier in den öffentlichen Raum hinein vollzieht, dann muss es gute Gründe geben. Und dann ist die Frage, ob so ein Knöllchen ein guter Grund ist - wenn Sie das damit begründen, dass Sie die Gemeinde sanieren wollen. In Paris, das hat man gerade ja gelesen, sind die Einnahmen massiv gestiegen. Da habe ich Zweifel, ob das ein valider Grund ist – und auch, dass sie keine Mitarbeiter mehr brauchen, ist vielleicht noch kein überzeugender Grund. Wenn Sie sagen: Der wenige Parkraum muss jetzt effizient genutzt werden, alles wird verdichtet, dann mag das ein Grund sein, aber das müsste man hier schon ordentlich begründen.

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