400 Busfahrer fehlen – für den Ersatzverkehr, während die Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim saniert wird

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AUTOR/IN
Vanja Weingart

Nach der Fußball-EM im Juli geht es los: Die Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim wird saniert – und dafür monatelang gesperrt. Dann soll es auch einen Bus-Ersatzverkehr geben. Für den sucht die Deutsche Bahn noch mehr als 100 Busfahrer. Insgesamt werden 400 gebraucht, und die sind gar nicht einfach zu finden. Überall fehlen Busfahrer. Darüber hat SWR-Aktuell-Moderatorin Vanja Weingart mit Yvonne Hüneburg gesprochen. Sie ist Geschäftsführerin beim WBO, dem Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmen.

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SWR Aktuell: Wie schwer ist es denn, für so einen bestimmten Zeitraum Busfahrer zu finden?

Yvonne Hüneburg: Extrem schwer in diesen Zeiten, kann ich Ihnen sagen. Denn wir sind ja im öffentlichen Verkehr mittlerweile in einer generellen Mangelsituation gelandet, durch viele altersbedingte Abgänge, sodass es schon schwer ist für die Busunternehmen in Baden-Württemberg, den Regelverkehr aufrechtzuerhalten. Und so geht es vielen anderen Unternehmen in Deutschland auch. Und deswegen ist es gerade für begrenzte Zeiträume oder punktuell extrem schwer, Fahrpersonal zu finden.

SWR Aktuell: Wie wird dann konkret gesucht?

Hüneburg: Überwiegend mittlerweile im Ausland. Das ist tatsächlich so: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer, die hier in Deutschland schon leben und wohnen, die haben in der Regel einen Arbeitgeber nahe ihrem Wohnort. Und die stehen nicht zur Verfügung für punktuelle Einsätze mit einem kurzen Zeitablauf. Von da her muss man da wirklich gezielt versuchen, aus dem Ausland Arbeitskräfte zu akquirieren.

SWR Aktuell: Welche Erfahrungen gibt es da schon, wenn Menschen aus Spanien, aus Rumänien oder aus anderen Ländern als Busfahrer nach Deutschland kommen?

Hüneburg: Sehr unterschiedlich. Es ist so, dass sich in den letzten vier, fünf Jahren die Situation auch in Europa verändert hat. Während wir vor vier, fünf Jahren noch Personal aus Spanien akquirieren konnten, ist es heute nur noch sehr, sehr schwer möglich. Wir hatten etliche Kräfte, die wurden akquiriert und sind dann zum Teil nach kurzer Zeit wieder in ihr Heimatland zurückgegangen. Gründe waren Heimweh, dass ihnen die Familie gefehlt hat - oder dass der Familiennachzug doch nicht möglich war. Das sind einfach Gründe, weshalb so etwas auch nicht immer funktioniert und es nicht gelingt, wirklich langfristig Personal an das Unternehmen zu binden. Deswegen müssen die Unternehmen mittlerweile weitergehen. Die gehen zum Teil bis nach Indien, um Fachkräfte zu gewinnen, und versuchen dort Fahrpersonal für ihre Verkehre zu akquirieren.

SWR Aktuell: Welche Rolle spielen dann Ortskenntnisse und auch die Sprache?

Hüneburg: Die müssen hier praktisch erarbeitet werden. Dafür gibt es da Kurse, die diese Fahrerinnen nun Fahrer zum Teil schon in ihren Heimatländern besuchen, weil sie zum Teil von Vermittlern vorbereitet werden. Und dann sind die Kenntnisse unterschiedlich, wenn sie hier ankommen. Zum Teil reicht es für den Einsatz. Oder es müssen hier wirklich noch parallel auch dann Sprachkurse besucht werden, das passiert. Die Ortskenntnisse können nicht vorhanden sein, wenn die Fahrerinnen und Fahrer aus dem Ausland kommen. Das wird dann erarbeitet auf den Linien, einfach beim Einfahren, wie wir das nennen.

SWR Aktuell: Jetzt ist nicht mehr so viel Zeit bis zur Sperrung der Bahnstrecke. Die beginnt im Juli, nach der Fußball-EM. Wie optimistisch oder wie pessimistisch sind Sie, dass das wirklich klappt, noch so viele Busfahrer zu finden?

Hüneburg: Ja gut, wir haben Verkehre, die werden kurzfristiger aufgenommen. Gerade im Ersatzverkehr gibt es auch Notverkehre. Die müssen zum Teil von heute auf morgen auf die Beine gestellt werden. Und die Unternehmen sind da schon auch Profis darin, das hinzukriegen. Von daher würde ich nicht sagen, das ist absolut unrealistisch - aber es ist einfach unheimlich schwer, zumal in ganz Europa gesucht wird. Und es ist auch wirklich mittlerweile schwieriger, Personen aus dem Ausland direkt nach Deutschland zu holen. Die können auch nach Skandinavien gehen, die können nach Großbritannien gehen. Die Summe macht es so schwierig, würde ich mal sagen - diese irre große Summe an Fahrpersonal zu binden, zu gewinnen. Und die müssen dann halt auch nah ein oder zwei Wochen noch da sein - und das ist zum Teil wirklich nicht so einfach, was da den Unternehmen abverlangt wird.

SWR Aktuell: Gibt es denn einen Plan B, wenn nicht genug Busfahrer da sind, gibt es eine Alternative? Rund 16.000 Fahrgäste sind auf der Riedbahn täglich unterwegs....

Hüneburg: Ich denke nicht, dass Alternativen zum Schienenersatzverkehr mit Bus da sind. Das wird man entsprechend auf die Beine stellen müssen. Das wird sicherlich auch gelingen. Ob man diese Kapazitäten dann hinkriegt, das wird man sehen, das ist jetzt aber auch noch zu früh. Der Juli ist aus unserer Sicht auch noch ein Stück weit weg. Da hat man noch Chancen und Möglichkeiten, das ist nicht aussichtslos. Daher würde ich das ganze auch nicht schwarz sehen wollen. Aber wichtig ist mir einfach zu sagen: Wir haben diese Probleme sogar im klassischen Linienverkehr. Allein in Baden-Württemberg fehlen aktuell zweieinhalbtausend Fahrerinnen und Fahrer. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten massiv im Überstundenbereich, um die Fahrpläne, wie sie heute veröffentlicht sind, zu fahren. Und es zeigt einfach das Dilemma, wie groß dieser Personalwirtschaftliche Bedarf im Moment auch in unserer Branche ist.

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Vanja Weingart