Untergehende Sonne bricht durch die Wolken (Foto: IMAGO, IMAGO / blickwinkel)

"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Immer schlimmer? Optimismus-Training für alle!

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AUTOR/IN
Laura Koppenhöfer

Kriege, Krisen, Katastrophen: Der endlose Strom schlechter Nachrichten ist nur für Pessimisten eine gute Nachricht. Höchste Zeit für ein Optimismus-Training, findet unsere Kolumnistin Laura Koppenhöfer.

In Baden-Württemberg ist die Zahl der Enkeltricks zurückgegangen. Das durfte ich diese Woche im Radio vermelden und freute mich. Nur noch halb so viele ältere Menschen wurden laut Landespolizei vergangenes Jahr von falschen Enkeln oder Nichten angerufen, um ihnen mit einer Lügengeschichte Geld abzuzocken. Oh, toll! Endlich mal eine gute Nachricht in diesen vor schlechten Nachrichten strotzenden Zeiten. Doch dann las ich weiter: Dafür hat die Zahl der Schockanrufe weiter zugenommen. Weil die Betrugsmasche, mit angeblichen Notfällen schockierte Menschen zu Geldübergaben zu bewegen, weiterhin zieht. Oh, nein.

Die Kolumne von Laura Koppenhöfer können Sie hier auch als Audio hören:

Von schlechten Nachrichten verschluckt

So geht es mir häufig in letzter Zeit, vielen geht es so in letzter Zeit. Wahrscheinlich, weil angesichts von Krieg und Krisen die Sehnsucht nach guten Nachrichten so groß geworden ist. Und dann kommt mal eine daher und wird - zack - direkt geschluckt von einer schlechten. Der Winter neigt sich dem Ende, der Himmel ist strahlend blau. Oh, toll! In der Ukraine heißt blauer Himmel, dass die Gefahr russischer Gleitbomben-Angriffe wächst. Oh, nein. Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL ist vorbei. Oh, toll! Weiter geht’s mit super kurzfristigen “Wellenstreiks”, selbst hart erprobten Fans des Bahnverkehrs wird’s jetzt zu blöd, alle fahren wieder Auto. Oh, nein.

Laura Koppenhöfer (Foto: SWR, SWR/Christian Koch )
Eine Kolumne von Laura Koppenhöfer

Die deutschen Emissionen sind im Vorjahr so stark gesunken wie seit 1990 nicht mehr. Oh, toll! Das lag zu einem guten Teil an der kriselnden Wirtschaft, oh, nein. Und das Schlimmste daran: Pessimistisch veranlagte Menschen, die sowieso selten was Gutes an irgendwas finden, fühlen sich gerade permanent bestätigt. Die weder Kriege noch Krisen brauchen, um immerzu im Oh-nein-Modus herumzumosern. “Das Wetter im Urlaub war schon okay, aber das Essen!” “Ja, wir haben den Bauplatz bekommen, aber find’ jetzt mal gute Handwerker!”

Der Oh-nein-zum-Glück-Modus

Für mich und andere optimistisch Veranlagte ist das schwer auszuhalten. Für den von uns bevorzugten Modus, der schnell von “Oh, nein” auf “Zum Glück” umschaltet, scheint immer weniger Platz: Für die Freude, dass man doch relativ glimpflich davongekommen ist. Unfall gebaut, oh, nein. Nur Blech kaputt, zum Glück! Das Kind bricht sich den Arm, oh, nein. Die Schreibhand ist heil und OP braucht’s keine, zum Glück! Zum zweiten Mal steigt jemand in unser Wohnmobil ein, oh, nein. Geklaut wurde wieder nix, weil wieder nix von Wert drin war, zum Glück! Der Oh-nein-zum-Glück-Modus macht die Laune besser und das Leben schöner.

Doch wird er ständig weggedrängelt vom ewigen Strudel niederschmetternder Nachrichten, der ja zusätzlich von den Algorithmen sozialer Medien und Suchmaschinen bevorzugt verbreitet wird. So dass die Weltlage noch düsterer wirkt als sie eh schon ist. Eine ständige Einladung zum Doomscrolling, ein permanentes Pessimismus-Intensivtraining - das notorische Schwarzmaler noch mieslauniger und sonnige Gemüter zusehends schattiger macht. Kein Wunder, dass die sich gefühlt immer öfter abwenden, in Eskapismus üben: Aufwändige Hobbys wiederbeleben, freiwillig die nervigen, aber herrlich harmlosen Sendungen ihrer Kinder mitgucken oder sich noch eifriger in den Job werfen.

Während die Moser-Fraktion natürlich weiter am Start ist und beim Pessimismus-Training täglich neue Rekorde holt. Höchste Zeit also, sich beim Optimismus-Intensivtraining anzumelden. Die Mitgliedschaft ist gratis. Oh, toll! Und macht das Leben schöner. Zum Glück!

Sendung am 25.06.2021 Optimisten - glücklich aber naiv?

Das Glas halbvoll und nicht halbleer? Menschen, die optimistisch durchs Leben gehen, blicken hoffnungsfroh in die Zukunft, versuchen in allem das Beste zu sehen und auch den Unwägbarkeiten positiv zu begegnen. Doch ist das wirklich der einfachste Weg zum Glück? Oder gehört zum Optimismus auch ein gewisses Maß an Naivität?

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Laura Koppenhöfer