Seit dieser Woche ist es offiziell: CDU und CSU ziehen mit Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten in den nächsten Bundestagswahlkampf. Solche Entscheidungen sind in unseren Umfrage-geschwängerten Zeiten gar nicht mehr so einfach, weil es immer mindestens sieben Zahlen gibt, die dagegensprechen – und zwar egal, gegen was auch immer man sich ausdenkt.
Die Kolumne zum Wochenende können Sie sich hier anhören:

Meinung: Im Rausch der Zahlen
Wenn ich mich richtig erinnere, ist es im aktuellen Fall so, dass Friedrich Merz bei den Wählern zwar besser ankommt als Markus Söder, außer in Bayern - aber weniger gut als Boris Pistorius von der SPD. Gegen Olaf Scholz würde im Moment sogar Lothar Matthäus gewinnen, aber: Würde der Kanzler direkt gewählt, wäre wahrscheinlich immer noch Karl-Theodor zu Guttenberg Favorit, aber der will nicht mehr. Bei den CDU-Wählern in Nordrhein-Westfalen wäre eigentlich Hendrik Wüst Favorit, vor allem bei rechtsrheinischen Frauen, aber dafür nicht im wirklich konservativen Lager – und in der Zielgruppe Ü52 im Sauerland. Wüst wäre auch gut bei Hedonisten mit Hochschulabschluss, hat aber Defizite bei werteorientierten Wechselwählern.

Das ist der Punkt, an dem Wahlforschung jeden Entscheidungsprozess mit zu viel Information lahmlegt – und hier kommt dann die große Stärke der CDU ins Spiel: Die kann auch einfach mal Zahlen Zahlen sein lassen – und den wählen, der eh schon der Bestimmer ist, oder der Größte in der Gruppe – oder den, der ein Flugzeug hat. Oder vielleicht auch den, der weniger grotesken Quatsch macht, um im Rampenlicht zu stehen.
Und das Schöne für Friedrich Merz: Aus dem Selbstbild der CSU ergibt sich, dass sie ihn jetzt ohne wenn und aber unterstützen wird. Weil es natürlich nicht so war, dass die CDU die CSU mit der Entscheidung ein bisschen überrumpelt hat, sondern dass die CSU einer Kandidatur nur aus freien Stücken und voller Überzeugung zustimmen wird. Und dass Friedrich Merz deshalb auch ein großartiger Kandidat sein muss, der unbedingt die volle Unterstützung der großen bayerischen Volkspartei verdient, so lange sie das leisten kann.
Und diese ungefähr drei Wochen, die dieser Zustand erfahrungsgemäß anhält, die kann Friedrich Merz jetzt mal in vollen Zügen genießen.
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