Viele Frauen sind in den letzten Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten, zahlreiche Männer natürlich auch. Aber bei Frauen kommt hinzu, dass sie sich in starkem Maße benachteiligt fühlen in der katholischen Kirche. Am Mittwoch ist ein Buch der Ulmer Autorin Elisabeth Zoll erschienen, das namhafte Frauen vorstellt, die trotz allem an der Kirche festhalten. Titel: "Wir bleiben! - Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen".
SWR Aktuell: Frau Zoll, Sie sind Herausgeberin des Buches "Wir bleiben!" Darin erzählen 18 Frauen, die enttäuscht, wütend, zornig sind, warum sie in der Kirche bleiben. Was hat Sie zu diesem Buch bewogen?
Elisabeth Zoll: Ich fand es sehr reizvoll, Autorinnen zu finden für ein Buch, das ein bisschen gegen den Strich gebürstet ist. Im Moment scheint es ja nur einen Trend zu geben, und der heißt: raus aus der katholischen Kirche. Gründe dafür gibt es ja wirklich genug. Meine Frage war einfach: Ist das die einzige Alternative? Oder könnte es eine Form von Kirche geben, die Frauen dazu bewegt, zu bleiben?
SWR Aktuell: Sie haben sehr namhafte Frauen gefunden, die persönliche Beiträge verfasst haben. Annette Schavan zum Beispiel, Malu Dreyer, Gerlinde Kretschmann, Gesine Schwan, Andrea Nahles. War es schwierig, an die heranzukommen?
Zoll: Heranzukommen ist vielleicht manchmal nicht ganz so einfach. Deshalb hat das Buch auch einen sehr, sehr langen Vorlauf gehabt. Aber es war nicht schwierig, die Autorinnen von einem Beitrag zu überzeugen. Manchmal hatte ich das Gefühl, für die eine oder andere war das einfach auch eine Art Befreiung, mal so zu denken und nicht immer nur in der Depression, von einer anderen Seite des Christentums zu sprechen, persönlich unterlegt. Und es waren für mich als Herausgeberin unglaublich schöne Erfahrungen und ganz wunderbare Gespräche.
SWR Aktuell: Gibt es einen Beitrag oder gar eine Aussage, die sie besonders beeindruckt?
Zoll: Was mich zunächst einmal beeindruckt hat, war die Vielfalt. Berührt hat mich auf eine ganz eigene Art der Beitrag von Ursula Kalb. Das ist eine Frau, die man in Deutschland vielleicht nicht so kennt. Sie ist Sprecherin von Sant'Egidio, einer Laienbewegung aus Italien, die auch in Deutschland fußt und vor allem in Würzburg aktiv ist. Wie diese Frau ihr Christentum mit Tätigkeit verbindet, ihr radikales Verständnis von Christentum, das im Dienst am Nächsten besteht, das fand ich schon sehr beeindruckend.
SWR Aktuell: Was muss denn aus ihrer Sicht in der Kirche passieren, damit nicht noch weiter massenhaft Mitglieder austreten?
Zoll: Ich wünschte mir, dass sich die Blickrichtung verändert. Also nicht nach oben, nicht auf die Hierarchie, nach dem Motto: von oben soll die Rettung kommen. Persönlich glaube ich daran nicht. Meine Hoffnung sind die selbstbewussten, mutigen Lainnen und Laien. Aber natürlich: Das große Pfund der Katholischen Kirche sind die Frauen, davon zeugt auch das Buch. Da ist eine Kraft, da ist Kreativität. Und da gibt es ganz viele Gründe für ein großes Selbstbewusstsein.