Wenn Vicki Bucher aus Laupheim (Kreis Biberach) an ihre Zeit ohne Stoma, also ohne künstlichen Darmausgang, zurückdenkt, bekommt sie ein ungutes Gefühl. Die Darm-OP war für die 29-Jährige der Weg in ein neues, unbeschwerteres Leben.
Geholfen haben ihr auch Gespräche mit Menschen aus Selbsthilfegruppen, die schon ein Stoma haben. In Deutschland leben über 150.000 Menschen mit einem künstlichen Darmausgang. Die Selbsthilfegruppe "ILCO Ulm" kämpft seit 50 Jahren dafür, das Stoma aus der Tabu-Zone zu holen.
Vicki Bucher über ihr Stoma: "Das ist Glück pur"
Im Bikini am Strand zu spazieren war für Vicki Bucher bis vor knapp sechs Jahren ein unerfüllbarer Traum. "Ich hatte ganz schlimmen Durchfall, musste am Tag zehn bis zwanzig mal auf die Toilette gehen", berichtet sie. Ihre Krankheit: Colitis Ulcerosa, eine chronische Entzündung des Dickdarms. Laut der Deutschen Morbus Crohn & Colitis Ulcerosa Vereinigung (DCCV) leiden in Deutschland über 400.000 Menschen an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.

Sämtliche Medikamente auf dem Markt hat Vicki Bucher seit sie elf Jahre alt war mit ihren Ärzten ausprobiert, um die Entzündung zu unterdrücken. Doch nur durch die Entnahme des Dickdarms und einem damit verbundenen künstlichen Darmausgang im Jahr 2018 ist sie jetzt symptomfrei.
Mein Leben hat sich um 180 Grad gedreht. Ich kann alles machen, was ich vorher nicht mehr machen konnte
"Es ist ein sehr befreiendes Gefühl, das ist Glück pur", sagt Vicki Bucher. "Mein Leben hat sich um 180 Grad gedreht. Ich kann alles machen, was ich vorher nicht mehr machen konnte. Diese Angst und Panik, irgendwo eine Toilette in der Nähe haben zu müssen, habe ich gar nicht mehr." Sie könne ohne Schmerzen essen, schlafen und leben. Und sie muss, dank des Stomas, keine Medikamente mehr nehmen.

Eine der ältesten Stoma-Gruppen im Land: ILCO Ulm feiert 50. Jubiläum
Schon vor ihrer OP war Vicki Bucher der Austausch mit anderen Stomaträgern wichtig: "Nach dem Gespräch mit einem älteren Mann mit Stoma habe ich am Ende auch die Entscheidung für mich getroffen", sagt sie.
Die ILCO-Gruppe Ulm ist eine der ältesten Selbsthilfegruppen für Stomaträger in Baden-Württemberg. Am Freitag feiert die Gruppe ihr 50-jähriges Bestehen. "Unser Ziel ist es Menschen aufzuklären und Tabus zu brechen", so Claudia Heinrich, stellvertretende Gruppensprecherin. "Wir wollen zeigen: Es ist keine Strafe, ein Stoma zu tragen. Betroffene müssen keine Ängste und keinen Ekel befürchten."
Einmal im Monat treffen sich Stomaträger und Interessierte in einer offenen Runde. Es gibt auch ein spezielles Angebot für junge Menschen.
Raus aus der Tabuzone: Wie sich das Stoma weiterentwickelt hat
Die Klischees rund um das Thema Stoma halten sich auch heute noch hartnäckig. "Aus Erzählungen hört man oft: Ein Stoma stinkt. Ich sage ihnen: Es riecht nicht, ich selbst habe eins mit Aktivkohlefilter", erklärt Claudia Heinrich mit einem Lächeln im Gesicht.
Natürlich gebe es auch Fälle mit Komplikationen, zum Beispiel Hautreizungen. Heinrich sagt aber: "Mit Stoma kann man uralt werden, da hat sich in den letzten 50 Jahren ganz viel getan." Es sei keine Zumutung mehr ein Stoma zu tragen: "Für manche ist das sogar ein Segen".

Ich will ihnen zeigen, dass das nicht das Ende der Welt ist und es einem danach viel besser gehen kann
Auf die Frage, was Vicki Bucher sich für Ihre Zukunft wünscht, sagt sie: "Einfach gesund bleiben und viel erleben". Ihr sei es wichtig, jetzt für andere da zu sein, denen eine Stoma-OP noch bevor steht. "Ich will ihnen zeigen, dass das nicht das Ende der Welt ist und es einem danach viel besser gehen kann."