Die Kasse in einem Tafelladen - der Wocheneinkauf ist dort bedeutend günstiger als im Supermarkt.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

SWR-Befragung "Familien in Krisenzeiten"

Inflation: Wie eine Alleinerziehende aus Ulm spart

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Christine Janke
SWR Aktuell Autorin Christine Janke (Foto: SWR)

Wegen der Preissteigerungen sparen vier von fünf Familien. Das hat eine nicht repräsentative SWR-Befragung ergeben. Eine Alleinerziehende aus Ulm erzählt, was das für sie heißt.

Strom, Gas, Lebensmittel - Dinge fürs alltägliche Leben sind in den vergangenen Monaten spürbar teurer geworden. Nach einer neuen, nicht repräsentativen SWR-Befragung zwingt das vier von fünf Familien zum Sparen - und das, obwohl überwiegend gut gestellte Familien geantwortet haben. Doch was heißt es für verschiedene Familien, zu sparen? Der SWR hat sowohl mit wohlhabenden Familien gesprochen, als auch mit solchen, bei denen das Geld schon vor den Preissteigerungen knapp war.

Sparsam Einkaufen: keine Lustkäufe und wenig Auswahl

Lorena Frey ist eine junge Frau, die sich gern bunt kleidet und auf ihr Äußeres achtet. Sie lebt mit ihrem dreijährigen Sohn in Ulm und teilt sich eine Wohnung mit einer ebenfalls alleinerziehenden Freundin - doch dazu später. Sparsam zu leben, das kennt die 26-Jährige schon lange. Im SWR-Interview erzählt sie, dass sie sich bereits in der Schwangerschaft beim Jobcenter gemeldet hatte, um ihre Existenz zu sichern. Doch nun, mit der Inflation ist es finanziell noch enger geworden:

"Es geht wirklich nicht mehr, in den Laden zu gehen und spontan einzukaufen, worauf man Lust hat."

Seit dem Sommer hat sie eine Karte für den Ulmer Tafelladen. Die hilft ihr sehr, denn dort bezahlt sie für ihren Wocheneinkauf nur etwa zwölf Euro. Nach Einkaufszettel einkaufen, das sei dort allerdings nur bedingt möglich, denn im Tafelladen, da gibt es eben das, was geliefert wurde. In dieser Woche war das saisonales Gemüse wie Lauch, Karotten, Kartoffeln und Fenchel.

Die alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Sohnes kauft seit der hohen Preisen im Tafelladen ein. Um Geld zu sparen, lebt sie unter anderem auch in einer WG mit einer anderen Mutter. (Foto: SWR, Jasmin Wüst)
Die alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Sohnes kauft seit der hohen Preisen im Tafelladen ein. Um Geld zu sparen, lebt sie unter anderem auch in einer WG mit einer anderen Mutter.

Wenig duschen, wenig heizen und eine WG bilden

Lorena ist eine Frau, die gerne selbst aktiv wird, Kontakte knüpft und sich mit anderen verbindet. Sie dachte sich, alleinerziehend zu sein, das sei anstrengend, warum nicht sich mit anderen zusammentun? Sie tat sich mit einer Freundin zusammen, die ihr Kind ebenfalls allein erzieht - gemeinsam suchten sie eine Wohnung.

"Wir haben uns zu einer Mütter-WG zusammengetan. Dadurch haben wir eine Wohnung, die wir uns allein nicht leisten könnten."

Trotz WG und Tafelladen - auch in der Wohnung sparen die beiden Mütter. Jetzt im Winter würden sie weniger duschen, Teller werden nicht mit heißem Wasser abgespült und es wird auch nicht nach Lust und Laune geheizt, sondern sparsam.

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Den Mangel nicht das Leben bestimmen lassen

Doch auch wenn das Geld knapp ist, die 26-Jährige will nicht den Mangel ihr Denken und Leben bestimmen lassen. Sie und ihr Kind seien gesund, sie habe Freunde, sei fest in Ulm verwurzelt und ihre Eltern lebten in der Nähe und seien eine große Hilfe: Sie würden beispielsweise neue Kleider für den Dreijährigen kaufen. Das würde ausgleichen, dass sie sich nicht alles kaufen könne oder das Geld für einen Urlaub nicht reiche. Sie resümiert: "Uns geht's gut."

Wunsch nach Wertschätzung vom Jobcenter und Teilzeitausbildung

Die junge Frau ist seit der Schwangerschaft auf Hartz IV angewiesen. Vom Jobcenter wünscht sie sich mehr Wertschätzung und Zusammenarbeit. Dennoch sei sie froh, dass es das in Deutschland überhaupt gibt. Sonst würde es anders aussehen. Im Herbst hat sie versucht, sich mehr auf die eigenen Beine zu stellen, indem sie eine Ausbildung zur Ergotherapeutin angefangen hat.

"Ich wollte das wirklich sehr, musste aber erkennen, dass es einfach nicht geht."

Sie kam aber schnell an ihre Grenzen: 40 Stunden Ausbildung, das Kind bis 14 Uhr im Kindergarten, danach in einer weiteren Betreuung, heimkommen, Haushalt, Kind - das alles war nicht zu stemmen. Die Kinderbetreuung sei nicht das Problem gewesen, so die junge Mutter, sondern die Bewältigung einer 40-Stunden-Woche + Haushalt + Kind. In vielen Gesprächen mit Lehrern und Lehrerinnen suchte sie nach einer Lösung, einer Ausbildung in Teilzeit, die entsprechend länger dauert. So etwas ließ sich aber nicht finden. Schweren Herzens gab sie die Ausbildung nach drei Monaten auf. Nun konzentriert sie sich erst Mal auf sich und ihren Sohn - ob es künftig einen weiteren Anlauf für eine Ausbildung gibt, oder ob sie sich einen Teilzeitjob sucht, das ist noch offen.

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