Familie in Krisenzeiten (Foto: SWR, Patrick Figaj)

SWR-Befragung "Familien in Krisenzeiten"

Inflation und Sorge um Kinder belasten Familien in Baden-Württemberg besonders stark

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Oliver Linsenmaier
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Patrick Figaj
SWR Journalist Patrick Figaj (Foto: SWR)
Ulrich Lang
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Nico Heiliger
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Dorina Kohler
Dorina Kohler (Foto: SWR)

Wie geht es Familien in BW mit den aktuellen Krisen? Eine SWR-Umfrage zeigt: Sie leiden unter den Preissteigerungen, den Folgen der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine.

Viele Familien in Baden-Württemberg belastet in den aktuellen Krisenzeiten besonders das Thema Inflation und Preissteigerungen. Das geht aus einer nicht repräsentativen SWR-Umfrage hervor. Für fast die Hälfte der Teilnehmenden stellt sich die Frage, ob das Geld über den Winter reicht. Außerdem sorgen sich viele Familien um die psychische Gesundheit ihrer Kinder. Die Vielzahl der Krisen, nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine, erhöht darüber hinaus den Druck auf ohnehin schon belastete Familien.

Inflation und Geld sind für Familien in BW das zentrale Thema

Besonders die finanzielle Situation ist für viele Familien ein zentrales Thema. Bei acht Auswahlmöglichkeiten gab ein Viertel der Befragten an, dass die Inflation sie derzeit am meisten beschäftigt. Auch der Klimawandel, persönliche Themen und der Krieg in der Ukraine wurden darüber hinaus oft auf Platz eins gesetzt. Für nicht einmal mehr drei Prozent spielt die Corona-Pandemie noch die zentrale Rolle.

Ganz konkret bedeutet das hinsichtlich der Preissteigerungen: 14 Prozent der Teilnehmenden befürchten, dass ihnen das Geld über den Winter nicht reicht. 31 Prozent können sich vorstellen, dass es teilweise knapp werden könnte. Doch auch wenn mehr als die Hälfte der Befragten diese Sorge nicht teilt, wird in vier von fünf Familien gespart. Gerade einmal 17 Prozent gaben an, dass sie nicht sparen.

Autoverzicht ist für viele Eltern keine Option

Trotz aller Kosten und gestiegener Spritpreise ist es für die meisten der Befragten keine Option, auf das Auto zu verzichten. Allerdings gaben sehr viele an, das Auto weniger zu nutzen. Andere versuchen nun öfter das Rad zu nehmen. Deutlich weniger gaben an, auf Bus und Bahn umzusteigen.

Steuerliche Erleichterungen würden Familien helfen

Doch nicht in allen Lebensbereichen lässt sich direkt Geld einsparen. Auf die Frage, was die Familie am meisten entlasten würde - es war nur eine Antwort möglich- , nannten 40 Prozent steuerliche Erleichterungen. Ein kostenloses Mittagessen oder Unterstützung bei den Lernmitteln für die Schule, spielen dagegen kaum eine Rolle. Beinahe 20 Prozent der Eltern würde es helfen, die Kosten für die Kinderbetreuung zu senken. Besonders stark ausgeprägt ist dieser Entlastungswunsch bei Familien mit kleinen Kindern.

Ebenfalls interessant: Etwa jede zehnte Familie würde ein kostenloser ÖPNV entlasten. Dabei muss berücksichtigt werden: Fast alle, die an der Umfrage teilgenommen haben, besitzen mindestens ein Auto.

Psychologische Probleme der Kinder: Familien fordern mehr Beratungsangebote

Auch wenn die Corona-Krise im Alltag der Familien kaum noch eine wichtige Rolle spielt, machen ihnen die Folgen der Pandemie zu schaffen. Dabei sehen sie gerade bei der psychologischen Aufarbeitung dringenden Handlungsbedarf. So fordern drei Viertel der Eltern mehr psychologische Beratungsangebote für die Kinder.

Der SWR hat auch danach gefragt, ob Familien, die Kinder mit psychischen Problemen haben, Unterstützung fanden - wenn sie danach gesucht haben. Fast jede fünfte Familie fühlt sich mit dem Problem alleine gelassen. Nur knapp jede zehnte Familie fühlte sich ausreichend unterstützt. Ein Großteil gab an, dass sich diese Frage nicht stelle.

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Ruf nach stärkerer Förderung im Unterricht

Nachholbedarf sehen die Befragten auch bei der Förderung im Unterricht. 84 Prozent sind der Meinung, dass die Kinder beim Lernen und in der persönlichen Entwicklung stärker gefordert werden müssen. Dennoch findet eine breite Masse der Eltern, dass ihre Kinder in der Schule gut mit dem Lernstoff zurechtkommen.

Sind Kinder im Schulsystem noch richtig eingestuft?

Geteilter Meinung sind sie dagegen, wenn es um die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen geht. Manche sehen in diesem Bereich Nachholbedarf, andere nicht. Die unterschiedliche Entwicklung als Folge der Pandemie beschäftigt die Familien auch hinsichtlich der Lernfähigkeiten. So stellen sich die Eltern immer wieder die Frage, ob die Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Schulform noch richtig aufgehoben sind. Die Hälfte der Befragten findet: Sie sind es nicht.

Krieg in der Ukraine belastet Familien emotional

Nur schwer zu greifen ist für die Familien in Baden-Württemberg der Krieg in der Ukraine. Auch wenn nur wenige angeben, dass der Alltag dadurch beeinflusst wird, beschäftigt er die Eltern und Kinder doch emotional. Fast alle gaben an, dass sie Sorgen im Zusammenhang mit dem Krieg haben. Gerade die Ausweitung des Krieges, aber auch Unruhen in der Gesellschaft oder der Einsatz von Atomwaffen beziehungsweise ein Atomunfall wurden als Befürchtungen sehr häufig genannt.

Deswegen sprechen auch viele der Befragten innerhalb der Familie über den Krieg. Die meisten sprechen das Thema direkt an und binden somit ihre Kinder mit ein. Nur wenige Eltern schirmen ihre Kinder ganz bewusst ab. Ein Viertel sagen, dass ihre Kinder häufig ihre Nähe suchen oder Ängste haben.

Kinderbetreuung: Zwei Drittel leiden unter Personalmangel

Im Zuge der Befragung erreichten den SWR auch zahlreiche Zuschriften zu einer für die Eltern nicht ausreichenden Kinderbetreuung. Da dies ein strukturelles Problem ist, welches nur bedingt auf die aktuellen Krisen zurückzuführen ist, wurde dies in der Umfrage nur gestreift. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass ihre Kinder unter dem Personalmangel in Kitas und Schulen als Folge der Corona-Pandemie leiden.

Die persönlichen Zuschriften, die besonders gehäuft aus der Region Tübingen kamen, unterstreichen zudem, dass die Eltern in Baden-Württemberg mit der Betreuungssituation unzufrieden sind.

Insgesamt wurde anhand der SWR-Befragung deutlich, dass die Familien im Land gehörig unter Druck stehen. Finanzielle Belastungen, Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und Ängste im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sind derzeit die bestimmenden Themen für Eltern in Baden-Württemberg.

So kommt die Umfrage zustande

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