Die Kunstsammlung des Unternehmers Siegfried Weishaupt bietet so viele Bilder und Skulpturen, dass immer wieder neue Themen gesetzt werden können. Am Samstag wird in der Kunsthalle Weishaupt in Ulm eine Ausstellung eröffnet, die sich der Bewegung widmet: "Dynamic - Bewegung in der Sammlung" lautet der Titel. Es ist tatsächlich viel in Bewegung. Aber es gibt auch Arbeiten, die Bewegung nur festhalten - und trotzdem vor Dynamik nur so strotzen.
Ausstellung "Dynamic" - Robert Longo wirft Tänzer mit Bällen ab
Es war die Musik aus dem New York der Achtziger Jahre, die den Künstler Robert Longo zu tänzerischen, fotorealistischen Zeichnungen inspiriert hat. Als Vorlage verwendete er Fotografien. Um die Tänzer zu wirklich wilden Bewegungen zu verleiten, hat Robert Longo auf seiner Dachterrasse in Brooklyn zu einer ungewöhnlichen Methode gegriffen: Er hat sie mit Bällen abgeworfen. Der Tanz ist eigentlich eine Ausweichbewegung.
Kunsthalle Weishaupt Ulm - Wellenlinien-Bilder beginnen zu flirren
Tanz und Bewegung entstehen also im Kopf des Betrachters. Das gilt in hohem Maße auch für die flirrenden Bilder von Philippe Decrauzat. Er zeichnete geschwungene Linien, die mal enger zusammen liegen, mal weiter auseinander. Es entstehen dynamische Wölbungen und Wellen - ähnlich wie der Faltenwurf einer Tischdecke. Versucht man die Wellenlinien mit dem Auge zu fixieren, beginnen sie zu flimmern, dass einem fast schwindelig wird.
Ähnlich die Arbeiten von Jason Martin: Seine auf Leinwand gebannten Wellenbewegungen stellt er mit dem Kamm her: "Wenn er die Arbeit macht, bewegt er sich fast wie ein Tänzer", erzählt Luisa Schneider, die die Ausstellung mitgestaltet hat. Wenn man vor dem gekämmten Werk hin und her läuft, entdeckt man ganz unterschiedliche Lichteffekte. Offenbar wollte Jason Martin auch, dass wir als Betrachter uns vor seinem Bild bewegen.
Auch Betrachter sollen sich bewegen
Dass sich Museumsbesucherinnen und -besucher vor dem Kunstwerk bewegen, ist auch Ziel der Spiegelobjekte von Adolf Luther. Die Linsen und Spiegel haben eine wahnsinnige Anziehungskraft, findet Luisa Schneider: "Vielleicht weil ich plötzlich der Star dieses Kunstwerks bin. Ich sehe mich selber. Wenn ich mich bewege, bewegt sich auch das Kunstwerk."
Natürlich gibt es auch Kunst, die sich wirklich selbst bewegt. Wie die berühmten quietschenden Maschinen des Schweizers Jean Tinguely, die der Künstler aus Schrottteilen zusammengebaut hat. Auch der Argentinier Julio Le Parc hat bewegliche Kunst konstruiert. Er versteht das Phänomen Bewegung politisch: Eines seiner Objekte ist aus einem in Falten geworfenen Aluminiumstreifen gebaut. Der Streifen wird von langsam rotierenden Metallstäben in immer neue Wellenformationen gezogen. Ein Symbol für die Wichtigkeit fortlaufender Veränderung. Le Parc hat sich gegen Diktaturen in Südamerika eingesetzt und später auch in Paris politisch engagiert. Er wolle die Besucher aufrütteln, meint die Ausstellungsmacherin Luisa Schneider: "Keine starren Perspektiven, kein Stillstand, aktiv sein, sich einmischen und in Bewegung treten - als eine politische Botschaft."
Dynamik pur
Kunst, die sich bewegt. Kunst, die so tut, als ob sie sich bewegt. Und Kunst, die Bewegung im Kopf auslöst. Die Ausstellung "Dynamic" vermittelt Dynamik pur.