Doris Dörrie kam im Spiderman-Kostüm auf die Bühne, um den Zuschauenden in Tübingen gleich mal eine Geschichte mitzugeben. In ihrem Vortrag ging es darum, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat und jeder gerne Geschichten hört. Aber manchmal seien es auch zu viele Geschichten, die einen beschäftigen. Dann passiere es, dass man sich gar nicht mehr auf den Augenblick fokussieren könne, sagte die Regisseurin und Schriftstellerin bei der Mediendozentur am Donnerstagabend. Auch mal nichts zu tun oder zu meditieren, könne da helfen.
Doris Dörrie im Livestream zum Nachschauen
Die Uni Tübingen und der Südwestrundfunk laden jedes Jahr prominente Medienmacher ein. Doris Dörrie zeigte autobiographisch, anekdotisch und mit Lust am Experiment, wie sehr die Macht von Geschichten die menschliche Existenz prägt. Denn Fakt ist: Menschen lieben Geschichten, leben in Geschichten, träumen in Geschichten. Und lügen sich die Welt in Form von Geschichten zurecht. Geschichten können Feindbilder und Hass erzeugen, Kriege befeuern. Sie können Menschen trennen und verbinden. Persönliche Neuanfänge, glückende Therapien, Veränderungen im Privaten und Revolutionen in der Gesellschaft, die Abkehr von Ungerechtigkeit und Gewalt - nichts von alldem ist denkbar ohne die Sinnzufuhr von Geschichten.
Diesen Fragen widmete sich Doris Dörrie in Tübingen
Wer darf überhaupt sprechen? Wessen Geschichte zählt? Und wann regiert nur das Klischee? Wie verändern Narrative der Propaganda das Kommunikationsklima? Und wie entdeckt man wieder seine eigene Stimme, findet im authentischen Erzählen zu einer Würdigung des eigenen Lebens?
Tübinger Mediendozentur
Die thematische Einführung zur 17. Tübinger Mediendozentur am Donnerstagabend übernahm der Medienwissenschaftler Professor Bernhard Pörksen. Es moderierte der neue Tübinger SWR-Studioleiter Marcel Wagner. Ein Mitschnitt von Dörries Rede wird im Radio in SWR Aktuell am Samstag, 21. Mai, um 14:05 Uhr und um 21:03 Uhr gesendet.
Geschichte der Mediendozentur
Seit 2003 kamen für die Mediendozentur unter anderem Claus Kleber, Maybrit Illner, Giovanni di Lorenzo, Alice Schwarzer, Frank Schirrmacher, Mathias Döpfner, Miriam Meckel, Sascha Lobo und Juli Zeh nach Tübingen. Die Tübinger Mediendozentur ist eine Kooperation der Universität Tübingen, des Instituts für Medienwissenschaft und des SWR Studios Tübingen. Ziel ist es, den journalistischen Nachwuchs zu fördern und die Kontakte zwischen dem SWR und der Hochschule zu vertiefen.
Neben den Gastvorträgen prominenter Medienvertreterinnen und Medienvertreter wird im Rahmen dieser Kooperation auch ein Workshop für Studierende des Masterstudiengangs Medienwissenschaft angeboten, der gemeinsam von der Universität und dem SWR Studio Tübingen konzipiert wird. So bekommen die Studierenden Einblicke in ein modernes Medienunternehmen und haben die Möglichkeit, ihre Ausbildung praxisorientiert zu vertiefen. Die Universität beteiligt im Gegenzug Medienfachleute an Forschung, Lehre und Ausbildung.