Mit schwerem Gerät und Spezialkräften war die Polizei am Donnerstagabend im Horber Stadtteil Ihlingen (Kreis Freudenstadt) im Großeinsatz. Der Anlass: Die Beamten haben die vom Amtsgericht angeordnete Zwangsräumung eines Wohnhauses abgesichert. Gewohnt haben soll dort unter anderem ein Mann, der der sogenannten "Reichsbürger"-Szene zugerechnet wird.
Weil die Polizei mit einer möglichen Gefahrenlage gerechnet hat, entschied sie sich für den Großeinsatz. Man habe nicht zweifelsfrei garantieren können, dass die Mitarbeiter der Polizei und des Amtsgerichts Horb nicht angegriffen würden, sagte Benjamin Koch, der Sprecher des Polizeipräsidiums Pforzheim, dem SWR.
Zwangsräumung in Horb mit Spezialkräften
Die Polizei war am Donnerstag gegen 17 Uhr angerückt - mit vielen Streifenwagen, gepanzerten Fahrzeugen und einem Spezialeinsatzkommando. Auch Roboterhund "Spot" war im Einsatz. Das betroffene Wohnhaus wurde umstellt, Zufahrtsstraßen abgesperrt. Die Bewohner in der Nachbarschaft wurden vorsorglich gebeten, ihre Häuser während des laufenden Einsatzes zu verlassen. Gegen 20:30 Uhr ist die Polizei dann in das Haus eingedrungen und hat es durchsucht.
Dort wurden aber weder der bisherige Nutzer noch seine Mitbewohner angetroffen. Nach denen werde aber auch nicht gesucht oder gefahndet, sagte Polizeisprecher Benjamin Koch. Allerdings nutzten die Beamten die Gelegenheit für ein ganz anderes Verfahren.
Polizei durchsucht Haus in Horb wegen Drogen
Unabhängig von der Zwangsräumung ermitteln auch noch die Staatsanwaltschaft Rottweil und die Polizei Horb. Denn, so Koch, gegen Bewohner des Hauses gebe es einen Anfangsverdacht wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittel- beziehungsweise Cannabisgesetz. Für das Haus gab es einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss, der nach der offiziellen Zwangsräumung gleich abgearbeitet wurde. Laut Polizei sind auch Beweismittel gefunden worden. Details wollen die Ermittler derzeit noch nicht preisgeben.
War der Großeinsatz gerechtfertigt?
„Die Polizei hat in den letzten Jahren mehrfach sehr schlechte Erfahrungen mit Reichsbürgern gemacht", sagt SWR-Reichsbürger-Experte Kai Laufen. Im April 2022 etwa sollten Polizisten des Spezialeinsatzkommandos in Boxberg-Bobstadt (Main-Tauber-Kreis) einem Reichsbürger eine Pistole abnehmen – dieser empfing aber die Polizisten mit einem automatischen Gewehr, aus dem er schoss und einen Beamten verletzte.
"Insofern ist es nicht überraschend, dass die Polizei mittlerweile sehr robust bei solchen Einsätzen vorgeht“, so Laufen. Die Stadt Horb gilt inzwischen als Hochburg der Reichsbürger-Szene. Als Gegenbewegung hat sich deshalb vor zwei Jahren eine Bürgerinitiative gegen Rechtsextremismus gegründet.
Amtsgericht Horb hatte Polizei um Hilfe gebeten
Auf Anfrage des SWR hat das Amtsgericht mitgeteilt, die für die Zwangsräumung zuständige Gerichtsvollzieherin habe im Vorfeld befürchtet, dass bei der Räumung Gefahren für die Beteiligten nicht ausgeschlossen sind. Deshalb hatte sie die Polizei um Amtshilfe gebeten. Das Amtsgericht hat auch bestätigt, dass noch am Donnerstag der Durchsuchungsbefehl erlassen wurde. Den hatte die Polizei beantragt, schon allein, weil eine Gefährdungslage auf dem Anwesen nicht ausgeschlossen werden konnte.
Einfamilienhaus war zwangsversteigert worden
Das Wohnhaus sei zwangsversteigert worden, so das Horber Amtsgericht. Zu den Gründen äußert sich das Amtsgericht aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes nicht. Die Erwerber hatten die Gerichtsvollzieherin mit der Zwangsräumung beauftragt.