Auf dem Parkplatz des SWR Studios in Tübingen herrscht große Aufregung. Ein Schwertransporter lädt einen Bagger ab. Arbeiter sind mit Motorsägen unterwegs und fällen Bäume. Die zieht der Bagger mit einem langen Greifarm zur Seite. Auch ein Dickicht aus altem Gehölz und Büschen wird gerodet. Die Sicht von der Straße auf das alte Gebäude wird frei. Auch für die Nachbarn. Sie waren allerdings vorgewarnt. Der SWR hatte sie in einem Schreiben informiert.
Genehmigungen zur Rodung erteilt
Das Landratsamt Tübingen hat die Rodung genehmigt. Ein Sachverständiger begutachtete alles und stellte sicher, dass kein Vogel beim Brüten gestört wird. Erst dann kam die "naturschutzrechtliche Befreiung zur Gehölzrodung", wie es im Amtsdeutsch heißt. Auch schreibt das Baurecht vor, dass die Fläche rund um den Neubau wieder begrünt werden muss.
Neubau wird kleiner und klimafreundlicher
Der Neubau des SWR entsteht direkt neben dem bisherigen Studio. In einem Wettbewerb wurde der beste Entwurf gefunden. Überzeugt hat der Vorschlag vom Stuttgarter Architekturbüro LRO. Das Gebäude wird drei Stockwerke haben. Mit einer oberirdischen Bruttogrundfläche (BGF) von 1.784 m² fällt der Neubau des Studios Tübingen deutlich kleiner aus als das bisher bestehende Gebäude; die oberirdische BGF konnte um 41% reduziert werden.
Der Neubau stelle das multimediale Arbeiten in den Mittelpunkt, so dass die journalistischen Inhalte aus der Region noch besser über alle Ausspielwege hinweg angeboten werden könnten, so die Landessenderdirektorin. Dem SWR war auch wichtig, dass sich das Studio harmonisch in die bestehende Bebauung auf dem Tübinger Österberg einpasst. Eine Jury entschied über die architektonischen Entwürfe. Nachbarn waren beratend an der Jury beteiligt. Sie hatten bis zuletzt viele Vorbehalte. Einige Einwände konnten aber auch berücksichtigt werden. Anders als von den Nachbarn befürchtet, wird der Neubau zum Beispiel keine hohe Antenne aufs Dach bekommen. Sie findet stattdessen auf dem nahe gelegenen Österbergturm Platz.
Klimaschutz spielt wichtige Rolle
Das neue Studio wird aus recyclebarem Beton gebaut. Es bekommt eine Photovoltaikanlage und wird auch Erdwärme nutzen. Das ganze Studio wird nach Energieeffizienzhaus-Standard KfW 55 errichtet. Auch soll passive Kühlung mit Erdsonden kombiniert werden. Das neue Studio samt Gelände wird barrierefrei.
Neubau SWR Studio: Lange Vorgeschichte
Der SWR Neubau auf dem Österberg hat eine lange Vorgeschichte. Der Sender will seit Jahrzehnten in Tübingen umziehen. Denn das derzeitige Studio stammt aus dem Jahr 1954. Es ist in einem schlechten Zustand. Doch mehrere Anläufe, das Studio vom Österberg in die Tübinger Innenstadt zu verlegen, scheiterten. Mal ging ein Investor pleite. Mal wurden die passenden Gebäude nicht frei. Mal gab es zu wenig Platz. Dann entschied sich der Sender auf dem Österberg zu bleiben, dort also, wo der SWR schon seit über 70 Jahren seinen Platz hat.
Neues Wohnquartier entsteht auf dem Österberg
Dass nach all den Jahren doch noch eine Lösung gefunden wurde, freut auch die Stadt. Denn der SWR verkauft dafür das Gelände rund um das bisherige Studio. Dort entstehen Wohnungen. Im Rahmen des EU-weiten Generalübernehmer-Verfahrens wurde eine Kostenobergrenze von 11,5 Millionen Euro für die Planung und Herstellung des schlüsselfertigen Studioneubaus festgelegt.
Tübingens Baubürgermeister Soehlke freut sich, dass die Stadt SWR Standort bleibt und dies mit einem überzeugenden städtebaulichen Konzept einhergeht. 2024 soll der Neubau fertig sein.