Oliver Müller, Caritas International (Foto: SWR)

Oliver Müller im SWR Interview

Caritas international in der Ukraine: So beschreibt der Leiter die dortige Situation

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Marion Eiche
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Charlotte Schönberger
Charlotte Schönberger, Redakteurin und Reporterin beim SWR (Foto: Katja Madžar)

Der Leiter von Caritas international Freiburg, Oliver Müller, bereist gerade die Ukraine. Im SWR-Interview spricht er über die Situation dort und wo die Not am größten ist.

SWR: Herr Müller, Sie sind derzeit in der Ukraine. Wie erleben Sie die aktuelle Situation?

Oliver Müller: Ich bin gerade in Kiew. Es ist sommerlich heiß und alles wirkt auf den ersten Blick normal. Aber die vielen Panzersperren, die man überall sieht, Soldaten, die an den Brücken stationiert sind, zeigen, dass es doch keine Normalität hier mitten im Leben gibt.

Hier das komplette Interview zum Nachhören:

Wie wird für Ihre Sicherheit gesorgt? Fühlen Sie sich sicher?

Ich persönlich fühle mich sicher. Und hier geht das normale Leben weiter: Die Menschen gehen ihrer Arbeit nach. Gleichwohl gibt es nachts immer wieder Alarm und Beschuss. Dann gehen viele in den Keller, manche machen das aber nicht mehr. Wir übernachten in einem Hotel im Stadtzentrum. Ich bin guter Dinge, dass wir da gut aufgehoben sind.

Sie sind in die Ukraine gefahren, um die Arbeit der Caritas-Mitarbeitenden, die Nothilfe leisten, vor Ort zu sehen. Was ist Ihr Eindruck?

"Ich erlebe ein unglaublich hohes Engagement der Helfer vor Ort, die selber Betroffene sind."

Wir haben mit einem Caritas-Mitarbeiter gesprochen, der aus Mariupol kommt und der den Großteil seiner Familie dort verloren hat. Er ist jetzt nach Kiew gekommen, arbeitet hier weiter und hat vor einer Woche geheiratet. An einen Hochzeitsurlaub ist nicht zu denken. Davor habe ich großen Respekt: Dass die Menschen, trotz der persönlichen Schwierigkeiten, die Hilfe für die fortsetzen, die wirklich darauf angewiesen sind. Es sind alte Menschen, Kinder, Alleinerziehende, die nicht weg können und darauf angewiesen sind, Lebensmittel zu bekommen. Oder auch Beratung.

Fast zwei Millionen Menschen haben die Caritas-Hilfen in der Ukraine bislang erreicht. Sehen Sie vor Ort, wo diese Hilfen angekommen sind?

Ja, natürlich. Ich spreche mit den Menschen, die diese Hilfen umsetzen. Ich sehe, wie Lebensmittel gesammelt und dann auch gleich wieder verteilt werden. Es ist nicht möglich, das ganze Land zu bereisen. Aber an vielen Stellen hier im Land ist die Caritas mit mehr als tausend Mitarbeitern vertreten und tut, was sie kann.

Was wird denn im Moment am Dringendsten gebraucht?

Im Mittelpunkt stehen die Menschen in Notunterkünften, die wirklich auf Hilfe von außen angewiesen sind. Darüber hinaus ist die psychologische Beratung sehr wichtig. Viele Menschen haben aufgrund des Erlebten Angstzustände. Das zeigt sich gerade auch bei Kindern. Die Psychologen können in der täglichen Betreuung sehr viel von diesen Ängsten lösen. Die Kinder, die am Anfang kaum gesprochen haben, gewinnen langsam ihr Leben zurück.

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