Man möchte in diesen Tagen eine Maispflanze sein und auf den Feldern von Gérard Lorber stehen. Auf seinen Flächen bei Sélestat im Elsass laufen in der Mittagssone die Sprenger. Je heißer es ist, desto mehr Wasser muss fließen.
"Um ein Kilo Mais zu machen, braucht man 450 Liter Wasser. Unsere Bewässerung haben wir so gemacht, dass wir Tag und Nacht damit spritzen können." Das berichtet der Landwirt an einem Nachmittag mit Temperaturen weit über 30 Grad.
Während private Gärten im Elsass tagsüber nicht mehr gegossen werden dürfen, Autowäschen und die Befüllung von Schwimmbecken verboten sind, beregnet der Landwirt aktuell etwa 100 Hektar Fläche. Er verteidigt seinen hohen Wasserverbrauch. Es gehe schließlich um die Produktion von Lebensmitteln, so Lorber, und das direkt über dem Oberrheingraben, Europas größtem Grundwasserreservoir. Wo sonst solle der Mais noch wachsen, wenn nicht dort?
Welche Folgen das Sprengen tatsächlich hat, beobachtet einige Kilometer weiter südlich, in Colmar, die Vereinigung Aprona. Im Auftrag der Region Grand Est dokumentiert sie die Entwicklung des Grundwassers. Dort arbeitet Fabien Toulet, der mit ernster Miene auf einen Bildschirm voller Grafiken zeigt.
Wenn viele Wasserentnahmen zusammenkämen und eine Pumpe nach der anderen auf den Parzellen angeworfen werde, dann beobachte er in einigen Sektoren ein Abfallen des Grundwasserstandes, so Toulet.
"Es sind einige Dezimeter einer Grundwasserschicht, die 50, 60 oder auch mal 100 Meter stark ist. Aber es betrifft den obersten Meter und der steht in Verbindung mit den Feuchtgebieten und den Flüssen, die vom Grundwasser gespeist werden."
Die vom Grundwasser gespeisten Flüsse bilden im Ried ein einzigartiges Ökosystem. Es genießt als "Natura 2000"-Gebiet europäischen Schutz. Doch der Zufluss des glasklaren Wassers ist in diesem Sommer schon mehrmals verebbt. Immer dann, wenn einer der Grafen auf dem Monitor von Fabien Toulet eine rote Linie kreuzt, ist es wieder so weit.
Würden die Pumpen zwischenzeitlich gestoppt, gingen auch die Wasserstände wieder hoch, sagt Toulet, und zeigt auf seine Grafiken. Naturschützer fordern deshalb, die Bewässerung und den Maisanbau zurückzufahren. Die Kultur braucht zwar nicht mehr Wasser als Weizen oder Kartoffeln, aber sie braucht das Wasser spät im Sommer - dann, wenn Regen besonders rar ist und der Grundwasserstand besonders niedrig.
Was passiert, wenn nicht genug Wasser kommt, sieht man auf der deutschen Seite des Rheins: Die Pflanzen vertrocknen auf den Feldern. Stellenweise werden in diesem Jahr bei der Ernte Totalausfälle erwartet.
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Auf deutscher Seite fehlen Brunnen
Dass im Elsass bewässert werde, während der Mais in Südbaden durste, habe historische Gründe, sagt Michael Krumm, Leiter der Abteilung Landwirtschaft beim Regierungspräsidium Freiburg. Im elsässischen Rheintal gebe es viele Brunnen, weil dort in der Vergangenheit viele Sonderkulturen angebaut worden seien, für die sich der Aufbau von Bewässerungsanlagen gelohnt habe. "Wo Brunnen schon vorhanden waren, wird die alte Technik weiter genutzt."
Auf deutscher Seite fehlten vielerorts Brunnen, vor allem in der Ortenau und im Kreis Emmendingen. Für Betriebe, die keine Beregnung im Körnermais hätten, sei das ein Wettbewerbsnachteil.
Hat Mais noch eine Zukunft?
"Es wird sich vermutlich in der Zukunft zeigen, dass der eine oder andere Betrieb für sich entscheidet, auf eine Getreidekultur auszuweichen, die im Juni, Juli schon geerntet wird, um ein Stück weit der Sommertrockenheit entgegenzuwirken."
Weniger Maisanbau ist dabei nicht nur dem Klima geschuldet, sondern auch den Regeln der EU, die Wechsel bei den Feldfrüchten vorgeben.