Dass die Goethe-Institute in Bordeaux, Lille und Straßburg geschlossen werden sollen, stößt in Frankreich wie in Deutschland auf Protest. Trotzdem will sich Deutschland dort weiter kräftig für Spracherwerb und kulturellen Austausch engagieren.
Scholz: Weiter starke Präsenz des Goethe-Instituts in Frankreich
Es werde "eine starke Präsenz des Goethe-Instituts in Frankreich auch in Zukunft geben", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Hamburg in einer Pressekonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Das halte er für richtig, so Scholz. "Das steht auch außer Frage." Das Goethe-Institut bleibe eine Organisation, die in ihren Entscheidungen unabhängig sei, so Scholz. "Der Vorstand des Instituts hat Entscheidungen getroffen, die wir alle gemeinsam zur Kenntnis genommen haben." Der Kanzler dankte den Beschäftigten in den Goethe-Instituten in der Welt und insbesondere in Frankreich für ihre engagierte Arbeit.
Als Gründe für die Schließungen werden Sparzwänge und ein stärkerer Fokus auf vernachlässigte Regionen in Mittel- und Osteuropa genannt. Im Zuge einer Neuausrichtung sollen von den bisher weltweit 158 Instituten 9 Standorte geschlossen werden. Die französischen Standorte Paris, Lyon, Marseille, Toulouse und Nancy sollen erhalten bleiben.
Macron: Neue Wege für die Jugend in Frankreich
Macron sagte, über den Spracherwerb hinaus müsse es für die Jugend in Frankreich und Deutschland darum gehen, neue Wege zu erfinden, um die gegenseitige Faszination füreinander am Leben zu erhalten. Dieses Abenteuer könne nicht gelingen, wenn die Jugend auf beiden Seiten des Rheins alleine Richtung Asien oder USA schaue und das Nachbarland für klassisch und unattraktiv halte. "Wir müssen unserer Jugend wieder beibringen, gegenseitig voneinander zu träumen."
SWR-Reporter David Zastrow berichtet in den SWR4-Regionalnachrichten über die Proteste gegen die Schließungspläne:
Schließung von Goethe-Instituten in Frankreich stößt auf breiten Protest
Mehr als 45 Verbände und Institutionen sowie über 400 Persönlichkeiten hatten sich in einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt. "Die Neuausrichtung darf nicht auf dem Rücken der deutsch-französischen Partnerschaft ausgetragen werden", so die Unterzeichner. Sie verwiesen auf den Aachener Vertrag, der Sprache und Kultur des jeweiligen Partnerlandes in den Mittelpunkt stellt. Tatsächlich ist die Zahl der Deutsch Lernenden in Frankreich zuletzt aber massiv gesunken, deutlich mehr noch als die Zahl der Französisch Lernenden in Deutschland.
Entwicklung der Zweisprachigkeit im Elsass
Auf den ersten Blick scheint es im Elsass eine positive Entwicklung der Zweisprachigkeit zu geben. In den bilingualen Klassen der Grundschulen hat die Zahl der Schüler und Schülerinnen um 46% zugenommen. In den weiterführenden Schulen, also bis einschließlich 10. Klasse, sogar um 102%. Und, in den Gymnasien sind die Schülerzahlen um 19% gestiegen. Das heißt, es gibt immer mehr Kinder im Elsass, die die deutsche Sprache erlernen und sprechen.
Betrachtet man allerdings den Prozentsatz aller elsässischen Schülerinnen und Schüler in bilingualen Klassen, so ergeben die Zahlen ein anderes Bild. 18,7% der elsässischen Schüler und Schülerinnen besuchen heute einen deutsch-französischen Zug. In den weiterführenden Schulen sind es nur 8,6 Prozent. In den Gymnasien ist das Gefälle besonders hoch, hier sind es nur noch 2,7% der elsässischen Schüler und Schülerinnen, die einem deutsch-französischen Zug folgen.
Goethe-Institut-Schließung: Aufregung und Verständnis in Straßburg
Was wird nun aus der Zweisprachigkeit und der deutsch-französischen Freundschaft? "Straßburg ist ein Symbol der deutsch-französischen Versöhnung, ein Symbol des Friedens und der Freundschaft zwischen zweier einst verfeindeter Völker", sagt der Präsident der Region Grand Est, Franck Leroy. Die Nachricht über die Schließung des Goethe Instituts in Straßburg habe für große Aufregung gesorgt, so Leroy. Das Goethe Institut in Straßburg versteht sich selbst laut Homepage als eine Scharnierfunktion nach Deutschland und fördere sprachlich-kulturelle Verbindungsarbeit, die nun wegfallen soll.
Doch es gibt auch Verständnis. So sieht Kai Littmann, Chefredakteur bei Eurojournalist, die Schließung gelassen. Er wundere sich über die Aufregung, denn Sprachunterricht habe es im Straßburger Büro nie gegeben. Die Zweisprachigkeit im Elsass sehe er dadurch nicht gefährdet, und zeigt angesichts der Sparzwänge sogar Verständnis für diesen Schritt.