Polizist hält Straßenbahn an (Foto: SWR)

Sonderfall Schweiz

Gewerkschaft der Polizei: Grenzkontrollen führen nicht zu weniger Asylanträgen

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Julia Henninger
Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau. (Foto: SWR, Laura Könsler)

Wer bei einer Grenzkontrolle erwischt werde, könne in der Regel trotzdem Asyl in Deutschland beantragen, so die Gewerkschaft. Ein Sonderfall sei die BW-Grenze zur Schweiz.

Laut Sven Hüber, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), führen die stationären Grenzkontrollen nicht dazu, dass Deutschland weniger Asylsuchende aufnimmt. Damit dämpft er zum Teil die positive Bilanz von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vom Wochenende.

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Warum können Asylsuchende an der Grenze nicht abgewiesen werden?

Menschen, die auf deutschem Gebiet Asyl beantragen, müssen laut Hüber jeweils hier ihr Asylverfahren bekommen und zu den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) gebracht werden. Da sich alle deutschen Grenzposten auf deutschem Gebiet befinden, könnten Asylsuchende bei Grenzkontrollen nicht zurück gewiesen werden. "Das ist das geltende Recht und die Polizei muss das Recht einhalten." Ausnahme: Die aufgegriffene Person hat eine Einreisesperre oder ist zur Fahndung ausgeschrieben. Dann kann sie keinen Asylantrag in Deutschland stellen.

Sonderfall bei den Grenzkontrollen zur Schweiz: Badischer Bahnhof in Basel

Der Badische Bahnhof in Basel ist laut Hüber allerdings ein Sonderfall. Hier ist es möglich, dass die Bundespolizei Asylsuchende in die Schweiz zurückschickt. Das liegt an einem deutsch-schweizerischen Abkommen von 1961: "Danach dürfen auch deutsche Grenzpolizisten auf dem deutschen Bahnhof in Basel, auf Schweizer Hoheitsgebiet, bereits kontrollieren", erklärt Hüber.

Greift die Polizei hier Asylsuchende auf, werden diese der Schweiz übergeben. Die Menschen müssen ihren Asylantrag dann in der Schweiz stellen. "Das ist möglich, weil man nicht nach Deutschland eingereist ist. Das ist eine Sondersituation. An allen anderen Kontrollstellen, auch an der Schweizer Grenze, ist das nicht so", sagt Hüber weiter. Allerdings ist diese Praxis nicht neu - in den vergangenen Tagen wurden hier die Kontrollen lediglich verstärkt.

Badischer Bahnhof Basel von außen (Foto: SWR, Laura Könsler )
Der Badische Bahnhof in Basel ist ein Sonderfall. Hier darf die Bundespolizei Asylsuchende an der Einreise nach Deutschland hindern.

Zweiter Sonderfall: grenzüberschreitender Bahnverkehr

Dieser Sonderfall gilt laut Hüber auch für die grenzüberschreitenden Bahnen. Etwa für die Tram zwischen Basel und Weil am Rhein (Kreis Lörrach). Und zwar dann, wenn die Kontrolle auf der Schweizer Seite beginnt, dabei aber die Türen noch offen sind und die Fahrgäste aussteigen könnten. Auch dann dürfe die Bundespolizei Asylsuchende an der Einreise nach Deutschland hindern.

Am Badischen Bahnhof in Basel und in grenzüberschreitenden Trams werden somit laut Hüber derzeit tatsächlich mehr Asylsuchende zurückgewiesen. "Aber insgesamt, abgesehen von dieser Sondersituation, bringen die Grenzkontrollen, was die Anzahl der Flüchtlingsaufnahmen angeht, nichts", urteilt Hüber.

Wie passt das zur positiven Bilanz der Bundesinnenministerin?

Laut Innenministerin Faeser hat die Polizei seit Einführung der Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz insgesamt 61 Schleuser festgenommen. Außerdem seien 2.500 unerlaubt eingereiste Menschen aufgegriffen worden. Seit dem 16. Oktober kontrolliert Deutschland seine Grenzen zu den drei Ländern verstärkt.

Die positive Bilanz der Bundesinnenministerin lässt der stellvertretende GdP-Vorsitzende lediglich mit Blick auf den Sonderfall Basel und die dortigen Zurückweisungen gelten. "Aber das lässt sich nicht auf alle Abschnitte der deutsch-schweizerischen Grenze und auch nicht auf die polnische und tschechische Grenze übertragen", so Hüber weiter.

Hüber: Festgenommene Schleuser nur Fahrer

Dass durch die neuen Grenzkontrollen bisher auch Schleuser festgenommen wurden, bestätigt auch Hüber. Er kritisiert aber: "Das sind die Fahrer, also das Ende der Kette." Es sei aber wichtig, dass die Grenzpolizei zusammen mit den Nachbarstaaten die kriminellen Hintergrundstrukturen aufdecke. Außerdem würden die Schleuser nun vermehrt die Menschen vor der Grenze absetzen und die Grenze selbst somit nicht mehr übertreten.

Dennoch: Bundesinnenministerium verlängert Grenzkontrollen

Nichtsdestotrotz teilte das Bundesinnenministerium am Mittwoch mit, dass die Kontrollen an der Grenze zur Schweiz verlängert werden - zunächst für weitere 20 Tage. Seit eineinhalb Wochen, also seit der Wiederaufnahme regelmäßiger Kontrollen an der Grenze, wurden rund 600 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt, schreibt das Innenministerium auf Anfrage. Eine hohe Zahl, die man mit weiteren Kontrollen hofft, reduzieren zu können. Ziel der Kontrollen sei es aber vor allem auch, Schleuserbanden abzuschrecken.

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