Kaffee und Kuchen - das gibt's in Freiburg einmal im Monat auf dem Hauptfriedhof. Die Aktion heißt "Begegnung am Weiher" und soll gegen Einsamkeit helfen. Schließlich fühlen sich in Deutschland immer mehr Menschen einsam und leiden darunter.
Café unter freiem Himmel
An einem Kiesweg auf dem Freiburger Hauptfriedhof bauen gerade einige Frauen ein kleines Café auf. Es ist einfach gehalten: zwei Stehtische mit gelben Tischdecken, ein paar Blumen, Tassen und Servietten. Selbst gebackener Kuchen und frisch gekochter Kaffee stehen bereit für die ersten Gäste. Denn einmal im Monat - an einem Sonntagnachmittag - laden die Frauen zu Kaffee, Tee und Kuchen ein. Hier auf dem Friedhof, ganz in der Nähe eines Weihers.

Initiatiorin: "Ich war selber einsam"
Die Aktion gibt es seit März. Die Idee hatte Stephanie Geißler vor etwa einem Jahr. "Als ich vor vielen Jahren neu in der Stadt war, fühlte ich mich auch erstmal einsam", sagt sie. In dieser Zeit sei ihr immer wieder eine ältere Dame aufgefallen, die in verschiedenen Cafés in der Stadt gesessen habe – alleine. Das Thema Einsamkeit in der Gesellschaft beschäftigte Stephanie Geißler mehr und mehr. Eines abends habe sie im Internet nach den Schlagwörtern "Einsamkeit" und "Café" gesucht. "Denn ein Café oder eine Café-Kultur - das ist etwas ganz Zentrales - das vermittelt das Gefühl, dazuzugehören", sagt Geißler. Im Internet sei sie dann auf ein Friedhofscafé in einem Ort in Bayern gestoßen und habe sich direkt gesagt: "Das machen wir in Freiburg auch!"
Immer mehr Ehrenamtliche
Stephanie Geißlers Freundin Barbara Meyer war direkt von der Idee überzeugt. Schon als Kind habe sie immer die Gräber, die niemand mehr versorgt habe, gegossen.
Der Friedhof war für mich schon immer ein schöner Ort.
"Wir wollen Menschen gerade am Sonntagnachmittag die Möglichkeit geben, mit anderen ins Gespräch zu kommen - eine Anlaufstelle bieten. Im Idealfall lernen sich Leute hier kennen und haben dann weiterhin Kontakt", erklärt Barbara Meyer. Weitere Unterstützerinnen fanden sie bei der ambulanten Hospizgruppe. Außerdem stößt die Journalistin Sylvia Pabst dazu, die sich viel mit Tod und Einsamkeit beschäftigt hat. "Das Leben gehört auf den Friedhof. Wir landen alle mal hier, hier trifft man jeden", sagt Pabst.

Viele positive Rückmeldungen bisher
An diesem Sonntagnachmittag laden die drei Frauen immer wieder Menschen ein, die gerade vorbeikommen. Barbara Meyer spricht auch direkt Menschen an den Gräbern an. Manche reagieren überrascht und verwundert. Manche lehnen ab. Die meisten freuen sich aber über Kaffee und Kuchen und wirken begeistert von der Idee. Oft steht ein kleines oder größeres Grüppchen an den Stehtischen. Mal unterhalten sich viele in größerer Runde, mal sind es ruhige Einzelgespräche. "Toll, dass sich hier so ganz verschiedene Menschen kennenlernen", sagt eine Frau, die zufällig stehengeblieben ist.
Neue Kontakte und Gespräche
Ob eine solche Aktion nicht auch Menschen stört? "Überhaupt nicht", sagt ein Mann, der sich zuvor um das Grab der Schwiegereltern gekümmert hat. "Es ist doch schön, wenn hier mehr gesprochen wird." Häufig kommen die Leute zunächst über die Trauer ins Gespräch, darüber, wen sie verloren haben, welches Grab sie pflegen. Wenn Menschen noch sehr betroffen sind, spricht oft eine der Frauen der Hospizgruppe mit ihnen. "Vielen hilft es, wenn sie einfach mal alles loswerden", sagt Barbara Meyer.
Oft ergebe sich aber noch mehr. "Letztens hatten wir drei Damen hier, die dann über Kochrezepte und vieles andere geplaudert und schließlich ihre Handynummer ausgetauscht haben", sagt Meyer. Und auch an diesem Sonntag entstehen Kontakte: Ein älterer Herr, der vor zwei Jahren seinen langjährigen Partner verloren hat, verlässt das Café zusammen mit einer Frau, die er dort kennengelernt hat. Denn sie fragt sich schon länger, was auf dem Grab der Eltern wächst. Der ältere Herr war sein Leben lang Gärtner und will sich die Pflanzen nun anschauen.