Ein Jahr Out in Church - was wurde seitdem erreicht?

Kirche und Sexualität

Was hat die Aktion "Out in Church" erreicht?

Stand
Autor/in
Petra Jehle

Vor einem Jahr haben sich über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche als queer geoutet: Was hat sich seither in der Kirche getan? Ein Besuch bei dem schwulen Pater Klein.

Es war das größte Coming Out in der Geschichte der katholischen Kirche. Vor einem Jahr haben sich über 100 Menschen aus allen Bereichen der katholischen Kirche für die ARD-Dokumentation “Wie Gott uns schuf” vor die Kamera gestellt und gesagt: Ich bin schwul, lesbisch, transexuell. Sie haben damit gegen ihre Arbeitsverträge verstossen.

Ralf Klein ist einer der Beteiligten. Er hat den Ausschluss aus der Kirche riskiert, denn homosexuelle Männer dürfen keine Priesterweihe bekommen. Wir haben Pater Klein ein Jahr nach dem Coming Out besucht und mit ihm darüber gesprochen, wie es ihm ergangen ist.

Ralf Klein ist Pfarrer im Südschwarzwald und Mitglied des Jesuitenordens. Er lebt im Zöllibat und lebt seine Sexualität nicht aus. Trotzdem hat er sich an der Aktion beteiligt und vor der Kamera gesagt: Ich bin schwul. Der Grund: Ralf Klein wünscht sich eine Kirche, die für alle Menschen da ist und niemanden ausschließt.  

"Indem ich selbst schweige, trage ich dazu bei, dass Vorurteile weitergetragen werden und es vor allem für Jugendliche hilfreich, zu sehen, dass sie nicht alleine sind."

SWR-Redakteurin Petra Jehle hat Pater Klein besucht und mit ihm darüber gesprochen, wie es ihm ergangen ist. Den Hörfunkbeitrag gibt es hier zum Nachhören:

Reaktionen waren überwiegend positiv

Ein Jahr später ist er davon überzeugt, dass die Aktion richtig war und auch ein wenig stolz, Teil davon zu sein. Er habe als Reaktion auf den ARD-Film über 450 E-Mails, SMS und Briefe bekommen. Nur sehr wenige waren negativ, erzählt er. Die Gesellschaft in Deutschland habe sich gewandelt, meint er. Der Kirche falle es immer noch schwer, diesen Wandel nachzuvollziehen. Aber "die Kirche", das seien für ihn die Menschen in den Gemeinden. Alle Menschen und damit auch diverse Menschen mit verschiedensten sexuellen Neigungen und Lebensentwürfen.

Über 500 Christen haben sich "Out in Church" angeschlossen

Heute ist aus „Out in Church“ eine Bewegung von über 500 Christinnen und Christen geworden, die die katholische Kirche verändern wollen. In ihrem Manifest fordern sie unter anderem die “Korrektur menschenfeindlicher lehramtlicher Aussagen” und das Recht auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Bischöfe, kirchliche Organisationen und Verbände haben die Aktion der queeren Christen begrüßt. Hundertausende haben ihre Petition unterschrieben. 

"Für mich war es sehr hilfreich, dass mein Orden sich sofort hinter mich gestellt und einen Mitbruder gestellt hat. Das ist für mich, im Vergleich zu dem was ich vor 20 Jahren erlebt habe, ein Riesenunterschied."

Erste konkrete Änderung ist ein Erfolg

"Out in Church" hat erreicht, das ein Teil des kirchlichen Arbeitsrechts geändert wurde. Im Herbst 2022 haben die katholischen Bischöfe Deutschlands in Würzburg beschlossen, dass die private Lebensführung kirchlicher Mitarbeiter kein Kündigungsgrund mehr darstellen soll. Das heißt: Wer für die katholische Kirche arbeitet, dem droht in Zukunft bei einer zweiten Ehe oder einer gleichgeschlechtlichen Beziehung keine Kündigung mehr. Die neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes gilt für die rund 800.000 Beschäftigten in der katholischen Kirche und der Caritas. 

"Wenn ich auf ein paar Länder schaue, dann merke ich natürlich, dass sie fehlende Akzeptant diverser Lebensentwürfe ganz tief sitzt. Das ist ein langer Weg. Er verlangt Zuversicht aber auch Geduld."

"Out in Church" kämpft weiter

Für Pater Ralf Klein ist das alles ein Erfolg und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er würde sich wünschen, dass die Kirche sich weiter öffnet. Vor allem die Kirche in Deutschland sei auf dem richtigen Weg. Aber ihm ist auch bewusst: Veränderungen in der Kirche brauchen viel Zeit und Geduld. 

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Petra Jehle

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