Erneuerbare Energien

Flaute beim Bau neuer Windräder in der Region Stuttgart

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Philipp Pfäfflin
Bild von Philipp Pfäfflin (Foto: SWR, SWR - Foto: Alexander Kluge)

1.000 neue Windräder in zehn Jahren - dieses Ziel hat die grün-rote Landesregierung 2011 ausgegeben. Doch das wurde weit verfehlt. Auch in der Region Stuttgart stockt der Ausbau. Warum?

Im Jahr 2015 hat der Verband Region Stuttgart spezielle Gebiete für Windräder ausgewiesen. Bis Anfang März 2021 wurden allerdings nur in 3 von insgesamt 41 dieser sogenannten Vorranggebieten neue Windkraftanlagen gebaut.

"Wo sollen sich Windräder drehen? An 41 Standorten in der Region Stuttgart, lautet die Antwort!"

Der größte neu errichtete Windpark in der Region Stuttgart ist mit 16 Windrädern Lauterstein (Kreis Göppingen). Jeweils drei neue Anlagen wurden laut Verband Region Stuttgart auf dem Tegelberg (Kreis Göppingen) und - siehe Foto oben - Goldboden-Winterbach (Rems-Murr-Kreis) errichtet.

In der gesamten Region Stuttgart sind nach Informationen des Landesverbands Windenergie derzeit rund 50 Windkraftanlagen am Netz. Darunter befinden sich aber auch mehr als 20 ältere Anlagen, die vermutlich bald vom Netz gehen werden, so die Vorsitzende Julia Wolf, da deren Vergütungszeitraum nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nach 20 Jahren endet und sie technisch meist überholt sind.

Ein Rotorblatt wird am 26.10.2017 in Gaildorf (Baden-Württemberg) an der höchsten Windkraftanlage der Welt an Land von einem Kran hochgezogen (Drohnenaufnahme). Die Anlage erreicht eine Nabenhöhe von 178 Metern und eine Gesamthöhe von 246,5 Metern. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Marijan Murat/dpa | Marijan Murat)
Windräder werden immer höher. Diese Anlage in Gaildorf (Kreis Schwäbisch Hall) erreicht eine Nabenhöhe von 178 Metern und eine Gesamthöhe von 246,5 Metern.

Die Windenergie ist laut Julia Wolf die günstigste und effizienteste erneuerbare Energie - noch vor der Solarenergie. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, sei ihr Ausbau dringend notwendig - auch in Süddeutschland. Der Windatlas Baden-Württemberg zeigt, welche Gebiete sich besonders eignen. Doch nicht nur an Orten mit sehr starkem Wind können Windräder gebaut werden, so Julia Wolf. Sie fordert landesweit die Genehmigung und den Bau von mindestens 100 neuen Windrädern pro Jahr. Jedoch fehlten ausgewiesene Flächen und zügige Genehmigungsverfahren. Landesweit sind - Stand März 2021 - rund 730 Windräder am Netz.

"Aktuell erleben wir einen starken technologischen Fortschritt. Da gibt es Anlagen, die unglaublich hohe Erträge liefern - auch in sogenannten Schwachwindlagen."

Die Planungs- und Genehmigungsverfahren von Windrädern dauern in der Regel mehrere Jahre. Da könne es vorkommen, dass Genehmigungen solange dauerten, dass bis sie letztlich erteilt werden, die Anlagen nicht mehr lieferbar sind, so die Chefin des Wind-Branchenverbands. Insgesamt werde die Projektentwicklung immer aufwändiger und komplizierter, auch das finanzielle Risiko steige bei zunehmend großen Anlagen, so Julia Wolf.

In Ingersheim (Kreis Ludwigsburg) hat eine Energiegenossenschaft im Jahr 2012 ein Windrad errichtet. Es hat in knapp neun Betriebsjahren 27 Terrawattstunden Strom erzeugt. Das entspricht dem Bedarf von 1.600 Haushalten, rechnet Vorstand Dieter Hallmann vor. Wie geplant habe man jedes Jahr eine Dividende an die Genossenschaftsmitglieder ausschütten können und nach jetzigem Stand werde sich das Windrad nach 13 Jahre auch finanziell amortisiert haben. Allerdings ist das Windrad in Ingersheim nach wie vor das einzige im gesamten Kreis Ludwigsburg.

"Wir brauchen einen neuen Aufbruch für die Windenergie, wo wir die Elektrifizierung des gesamten Verkehrs ja noch vor uns haben."

Windräder polarisieren, sagt Thomas Kiwitt, Direktor beim Verband Region Stuttgart, dessen Verband ausführliche Unterlagen zum Stand der einzelnen Verfahren und der jeweiligen Stellungnahmen ins Internet gestellt hat.

"Da ist Drama auf beiden Seiten: Die einen sehen uns zugrunde gehen, weil sich die Klimazonen verschieben. Die anderen läuten uns den nahen Tod durch Infraschall ein."

Der oberste Regionalplaner mahnt klare Signale aus der Politik an. Denn Energiewende heiße auch, dass "damit irgendwo Lasten verbunden" seien. Man habe "zwar nicht mehr Großkraftwerke, dafür aber viele kleine Eingriffe in die Landschaft".

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