Der Platz unter der Stuttgarter Paulinenbrücke (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Aktion am zweiten Weihnachtsfeiertag

"Weihnachtszimmer" unter der Stuttgarter Paulinenbrücke

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AUTOR/IN
Siri Warrlich
Profilbild von Siri (Foto: SWR DASDING)

Nicht jeder kann sich ein schönes Weihnachtsfest leisten. Am zweiten Weihnachtsfeiertag gab es unter der "Paule" deshalb ein Festessen im Glas, Musik und selbstgestrickte Mützen.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag zur Mittagszeit war es so weit: der Platz unter der Stuttgarter Paulinenbrücke wurde zum öffentlichen "Weihnachtszimmer". Die Stuttgarter Bürgerstiftung hat mit ihrem Projekt "Supp_optimal - Essen für alle" Sauerbraten mit Knödeln und Soße im Glas als Weihnachtsessen angeboten. Das öffentliche "Weihnachtszimmer" stehe allen Besuchern offen, so die Stiftung vor der Veranstaltung: Menschen, die einsam oder hungrig sind, und allen, die sich engagieren wollen.

Große Feier an Weihnachten: "Evas Stall"

Auch an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag hat es in Stuttgart bereits Angebote für Menschen gegeben, die sonst womöglich alleine Weihnachten feiern würden. Die Weihnachtsfeier "Evas Stall" der Evangelischen Gesellschaft (eva) ist laut der eva inzwischen die größte ihrer Art in Baden-Württemberg. An Heiligabend hatte die Feier im Haus der Diakonie in der Stuttgarter Büchsenstraße um 16 Uhr angefangen, am ersten Weihnachtsfeiertag hatte sie um 11:30 Uhr begonnen - an beiden Tagen mit einem Gottesdienst im Innenhof.

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2021 konnte das Angebot wegen der Coronapandemie nur im Freien stattfinden. Dieses Jahr waren im Anschluss an den Gottesdienst wieder ein Weihnachtsessen, Theater und gemeinsames Singen im Haus der Diakonie möglich.

Kostenloses Weihnachtsessen: Der Speiseplan

An Heiligabend standen ab 16:45 Uhr Saitenwürste mit hausgemachtem Kartoffelsalat, Brötchen und Senf auf dem Speiseplan. Am ersten Weihnachtstag gab es ab 12:15 Uhr Kalbfleischküchle mit kandierten Maroni, Spätzle mit Steinpilzrahmsauce und zum Nachtisch ein Zwetschgensüppchen. Auch eine vegetarische Version wurde angeboten.

Weihnachtsfeier Evas Stall in Stuttgart im Jahr 2021 (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Letztes Jahr gab es bei Evas Stall ein Essen zum Mitnehmen.

Für viele Menschen mit wenig Geld war 2022 ein schwieriges Jahr. Die hohe Inflation trifft besonders Menschen mit niedrigem Einkommen. Für sie haben die größten Preistreiber - Haushaltsenergie und Lebensmittel - einen deutlich größeren Anteil am Gesamtbudget als für Wohlhabendere.

Familienministerin: Hilfsangebot nutzen

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) warnte kurz vor Weihnachten, dass sich durch Energiekrise und Inflation auch die Einsamkeit in der Gesellschaft weiter ausbreite. "Wenn Menschen arm sind, sind sie deutlich stärker von Einsamkeit betroffen", sagte Paus. Man könne sich zwar soziale Kontakte nicht kaufen. "Aber wenn man am gesellschaftlichen Leben teilnehmen möchte, kostet das Geld."

"Ohne Geld ist die Gefahr groß, sich gesellschaftlich zurückzuziehen, bis man sich einsam fühlt."

Paus hat deshalb mit Blick aufs Weihnachtsfest Menschen ermutigt, Hilfsangebote "ohne Scheu" wahrzunehmen. Eines davon ist die Weihnachtsfeier "Evas Stall" in Stuttgart. Diakonin Birgit Auer ist froh, dass Teile der Feier in diesem Jahr auch wieder drinnen stattfinden können. 2019 - als die Feier das letzte Mal in gewohnter Weise stattfinden konnte - kamen insgesamt rund 1.500 Gäste.

Die erste Feier gab es 1945

In diesem Jahr verwöhnten etwa 60 Ehrenamtliche die Gäste. An Heiligabend sollte die Gruppe "Dein Theater" nach dem Essen ein weihnachtliches Stück aufführen. Am ersten Weihnachtstag waren die Gäste eingeladen, mit dem Singkreis Weihnachtslieder zu singen.

Zum ersten Mal fand die Weihnachtsfeier in Stuttgart im Jahr 1945 statt. Damals war Stuttgart zerbombt, zahlreiche Menschen hatten ihr Dach über dem Kopf verloren - und an ein festliches Weihnachtsessen oder Geschenke war für viele nicht zu denken.  

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