Am 13. April war große Eröffnung in Ludwigsburg. Mit einer Gesamtfläche von 975 Quadratmetern ging die nach eigenen Angaben aktuell bundesweitgrößte Indoor-Schlittschuhbahn ohne Eis an den Start. Gefahren wird auf Kunststoffplatten.
WWF: Mikroplastik richtet verheerenden Schaden an
Schon am Eröffnungstag wunderten sich Schlittschuhfahrerinnen und -fahrer über das helle Material, das sich in ihrer Kleidung, vor allem aber auf ihren Schuhen absetzte. Denn die scharfen Schlittschuhkufen fräsen feine Plastikfäden ab. Caroline Kraas von der Natur- und Umweltschutzorganisation WWF warnt: "Das so abgelöste und freigesetzte Mikroplastik gelangt in Böden, Luft und Meer und richtet verheerenden Schaden an."
Hersteller: Kunststoffeisbahnen schonen das Klima
"Echteis-Bahnen sterben aus", prognostiziert Andreas Trautner vom Schweizer Kunststoffeisbahnhersteller Glice. Die Wasser- und Energiekosten von Kunsteisbahnen seien auf Dauer zu teuer. Unter dem Motto "Skate for the Planet" sieht sich das Unternehmen als Klimaschutz-Vorreiter. Und es ist erfolgreich: Im Jahr 2020 hat Trautner für seine Firma allein in Süddeutschland 70 temporäre und dauerhafte Bahnen vermietet oder verkauft. 2021 waren es 100.
Mehr Forschung zu Kunststoffeisbahnen erwünscht
Auch die Mikroplastik-Expertin vom WWF sieht die Vorteile, wenn Wasser nicht unter hohem Energieeinsatz zu Eis gekühlt werden muss. Das generelle Problem mit Mikroplastik sei, dass man noch nicht genau wisse, wie gefährlich es ist. Denn bislang gebe es noch viel zu wenig Forschungsergebnisse. "Was wir schon sagen können: Der Mensch nimmt auf jeden Fall Mikroplastik auf - und auch Partikel, die in den Nanobereich gehen." Wenn Mikroplastik in die Umwelt gelangt ist, kann es über Nahrung, Trinken und Luft in den Körper gelangen, das sei festgestellt, genaue Rückschlüsse über Gesundheitsgefahren seien aber aufgrund der Forschungslage noch nicht möglich. Caroline Kraas ist aber überzeugt: "Gesund wird es höchstwahrscheinlich nicht sein."
Franz Brümmer ist Professor an der Universität Stuttgart. Ein Forschungsschwerpunkt: Schäden für Natur und Umwelt durch Mikroplastik auf Sportplätzen. Sein Fazit zur möglichen Gefahr durch Mikroplastik: Es müsse alles daran gesetzt werden, dass möglichst kein Mikroplastik in die Umwelt gelange. "Es gibt wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass die Fortpflanzung nicht normal läuft, dass es Probleme beim Wachstum gibt."
Hersteller: Der Abrieb bei Kunststoffeisbahnen ist "miniminimalst"
Das Unternehmen Glice verweist hingegen auf eine Studie, die zusammen mit dem Fraunhofer Institut erstellt wurde. Demnach entstehen bundesweit 33.000 Tonnen Mikroplastik jedes Jahr allein in Deutschland, so Andreas Trautner vom Kunststoffeisbahnhersteller Glice. Andere Quellen sprechen sogar von jährlich 100.000 Tonnen. Während jedes Auto pro Jahr im Schnitt rund ein Kilogramm Mikroplastik verursache und sogar jeder Schuh mehr als 100 Gramm, kommen laut Studie pro Quadratmeter Eisbahn während eines hochfrequentierten Weihnachtsmarktes innerhalb von vier Wochen lediglich 2,8 Gramm zusammen, so Andreas Trautner. Sein Fazit: Kunststoffeisbahnen sind keine relevanten Mikroplastikerzeuger.
Franz Brümmer von der Universität Stuttgart hält von solchen Vergleichen wenig: "Es geht ja nicht darum, dass der eine weniger Mikroplastik in die Umwelt bringt als der andere, sondern wir müssen doch alles dafür tun, dass wir gar kein Mikroplastik in die Umwelt bringen."
Ludwigsburger Kunststoffeisbahn hat reagiert
Die Kunststoffeisbahn in Ludwigsburg ist eine Indoor-Anlage. Das heißt, es gelangt beispielsweise kein Mikroplastik durch Wind in die Umwelt. Außerdem ist sie von einer Bande umgeben. Trotzdem bleiben insbesondere an den Schuhen feine Mikroplastikfäden hängen. Damit das Plastik möglichst nicht nach außen getragen wird, hat Waldemar Fehr, der Leiter der Ludwigsburger Kunststoffeisbahn, extra Matten am Ausgang der Schlittschuhbahn ausgelegt, wo sich das Plastik sammeln soll. Eine Maßnahme, die Uni-Professor Brümmer gut heißt. Außerdem wird die Eisbahn regelmäßig mit einem Staubsauger vom Plastikabrieb gereinigt. Die Beobachtung von Kunststoffeisbahnleiter Fehr: Als die Bahn neu war, gab es deutlich mehr Abrieb als jetzt.