Gästehaus in Potsdam, wo nach einem Bericht des Medienhauses CORRECTIV im November das Treffen ultrarechter Politiker stattfand (Foto: dpa Bildfunk, Jens Kalaene)

Nach investigativen Recherchen

Stuttgarter Bauunternehmer Kopp soll bei rechtem Geheimtreffen gewesen sein

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Kerstin Rudat
Kerstin Rudat (Foto: SWR, Foto: Tim Benscheid)
Tina Fuchs

Hans-Ulrich Kopp bewegt sich seit Langem in rechten bis rechtsextremen Kreisen. Der Stuttgarter Bauunternehmer soll beim Potsdamer Geheimtreffen gewesen sein. Was ist über ihn bekannt?

An dem Potsdamer Treffen von Politikern der AfD, Mitgliedern der CDU-nahen Werteunion und bekannten Rechtsextremisten Ende November 2023 hat auch der Stuttgarter Bauunternehmer Hans-Ulrich Kopp teilgenommen - so Recherchen der "taz" und des Medienkollektivs "CORRECTIV". Die Videoaufnahmen, die inzwischen auch dem SWR vorliegen, stammen vom Investigativteam von Greenpeace.

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Hans-Ulrich Kopp führt eine bekannte Baufirma in Stuttgart

Hans-Ulrich Kopp ist gelernter Betriebswirt und Bauunternehmer in Stuttgart. Er ist an einer Handvoll Baufirmen beteiligt, vor allem ist Kopp Geschäftsführer der Lautenschlager & Kopp GmbH & Co. KG. Die Firma existiert seit 1925 und hat sich auf Straßenbau spezialisiert, macht aber auch Tiefbau, Gussasphalt und Fahrbahnmarkierungen, in der Region Stuttgart und in ganz Süddeutschland.

Projekte von Lautenschlager & Kopp in den letzten Jahren waren beispielsweise Arbeiten an der B14 in der Region Stuttgart, eine Beteiligung an der baulichen Sicherung der Burgruine Hohenneuffen (Kreis Esslingen) zwischen 2014 und 2018 und Arbeiten in der Wilhelma. Beteiligt war Lautenschlager & Kopp nach eigenen Aussagen auch am Bau des FC Bayern Campus zwischen dem Münchener Stadtbezirk Milbertshofen-Am Hart und Oberschleißheim (Kreis München). Der FC Bayern Campus ist das Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern München sowie Spielstätte der Bayern-Frauenmannschaften.

Stadt Stuttgart sieht sich an Vergabeordnung gebunden

Bauanträge aus öffentlicher Hand für einen rechtsextremen Unternehmer? Sven Matis, Pressesprecher der Stadt Stuttgart: "Wir müssen schauen, ob jemand rechtliche Verfehlungen begangen hat. Wenn Gerichte sagen, dass Grenzen überschritten worden sind und dass die Integrität des Unternehmens in Frage gestellt wird, dann wäre das eine Möglichkeit, einen Ausschluss vorzunehmen." Die Latte dafür liege aber sehr hoch, so Matis. Man müsse den Wettbewerb wahren und alle Unternehmen gleich behandeln.

SPD-Landtagsabgeordneter: Geldflüsse sollen geprüft werden

Sinn des Treffens in Potsdam war laut taz-Redakteurin Anne Fromm wohl, Spenden zu sammeln. Deshalb seien auch Unternehmer wie Kopp wohl dabei gewesen. Diese Spenden sollen demnach für den Aufbau von rechten Plattformen und Netzwerken eingesetzt werden. Aber auch zur Finanzierung von rechten Influencern im Internet. Der innenpolitische Sprecher der SPD im Landtag, Sascha Binder, fordert, die Geldflüsse zu prüfen: "Ich hoffe, dass die Sicherheitsbehörden mehr wissen, als sie gerade sagen können."

Am Ende gehe es darum, wie solche Hirngespinste und rechtes Gedankengut überhaupt in die Realität umgesetzt werden könnten, so Binder. Das gehe nicht, ohne dass sie finanziert werden. Deshalb seien Finanzströme enorm wichtig. Ob Hans-Ulrich Kopp tatsächlich Geld aus seinem Vermögen für den Aufbau rechtsextremer Propaganda gespendet hat, ist bis jetzt unklar. Auf die SWR-Anfrage, ob der Bauunternehmer bei dem Treffen anwesend war, hat er nicht geantwortet.

Nähe zu rechten und rechtsextremen Kreisen seit Jahrzehnten

Der gebürtige Stuttgarter Kopp ist bekannterweise seit Jahrzehnten in rechten und rechtsextremen Kreisen unterwegs. Er soll während seines Studiums mit Kommilitonen in München einen Hochschulverband der Republikaner gegründet haben. Im Witikobund, einem großen Lobby-Verband der Sudetendeutschen, in dem viele ehemalige Nationalsozialisten laut Recherchen der "Frankfurter Rundschau" schon vor Jahrzehnten eine Heimat fanden, ist Kopp seit vielen Jahren Mitglied. Zwei Mal war er Bundesvorsitzender des Verbandes.

Außerdem betreibt Kopp seit 2007 zusammen mit einem fränkischen Partner den Lepanto-Verlag mit Sitz im Nürnberger Land. Der Verlag ist sehr katholisch geprägt und veröffentlicht Bücher, die sich mit theologischen oder philosophischen Fragen beschäftigen. Bei Lepanto sollen aber auch rechte Autoren veröffentlicht worden sein.

Gute Verbindungen nach München

Über gute Verbindungen nach München verfügt Kopp seit seiner Studienzeit in der bayerischen Landeshauptstadt. Er gilt als Gründungsmitglied der pflichtschlagenden Münchener Burschenschaft "Danubia", die seit 2001 regelmäßig im bayerischen Verfassungsschutzbericht auftaucht und deren Aktive seit ein paar Jahren auch kontinuierlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Der bayerische Verfassungsschutz schätzt laut seiner letzten beiden Berichte die Aktiven der "Danubia" klar als rechtsextremistisch ein, mit starken Verbindungen zur "Identitären Bewegung" und deren Regionalgruppen sowie zur AfD. Beispielsweise ist der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Benjamin Nolte "Danube".

Kopp wird bei der Burschenschaft "Danubia" noch im Impressum geführt

Der Wahlspruch der Burschenschaft klingt harmlos: "Frei in Rede, kühn in Tat". Ein Blick auf die Selbstdarstellung offenbart allerdings völkisches Gedankengut: Die "Danubia" trete ein für die "deutsche Kultur- und Volksgemeinschaft" und bekenne sich zu den sogenannten Grundsätzen der Urburschenschaft: "Ehre, Freiheit, Vaterland". "Aufrecht zeigen wir seit 1848 Einsatz für unser Vaterland", steht beispielsweise auf der "Danubia"-Website. Dort wird Kopp im Impressum auch immer noch als Verantwortlicher für die Inhalte der Seite aufgeführt.

Kopp soll Mitglied der "Alten Herren" bei "Danubia" gewesen sein. Diese Gemeinschaft steht jungen Mitgliedern zur Seite, berät die Burschenschaft und vermittelt Kontakte. Junge Studenten hätten dadurch "die wertvolle Möglichkeit", erste Erfahrungen unter anderem bei der Führung von Menschen zu sammeln, heißt es bei der Burschenschaft. Hilfe im Studium und Zugang zu Praktika, auch im nichteuropäischen Ausland, werden ebenso versprochen.

Bei der großen Demonstration gegen Rechtsextremismus am Samstag vor anderthalb Wochen in München zogen Demonstrierende auch zum Haus der Burschenschaft und lieferten sich Wortgefechte mit "Danubia"-Mitgliedern, die der Demonstration mit einem provokanten Plakat begegneten. Reimond Hoffmann, Vorstandsmitglied der AfD Baden-Württemberg und Mitbegründer der Jungen Alternative, lobte Plakat und Vorgehen der "Danuben" gegen "eine Staatsdemo" prompt in einem "X"-Beitrag.

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Die inzwischen in "Reconquista 21" umbenannten "Wackren Schwaben" zeichnen unter anderem verantwortlich für eine rassistische Aktion im Untertürkheimer Inselbad in Stuttgart im vergangenen Jahr. Auf einem ausgerollten Plakat war das "Unwort des Jahres" zu lesen, "Remigration". Um diese rassistisch und menschenfeindlich konnotierte Form von "Rückführung" von Menschen nicht-deutscher Herkunft ging es beim Treffen der Rechtsextremisten in Potsdam Ende November hauptsächlich.

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