Die Bewirtschaftung und Ernte von regionalem Obst und Gemüse wird für die Erzeuger immer teurer und der Kunde greift gleichzeitig seltener zu. Diese düstere Bilanz zog der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband am Dienstag in Karlsruhe für das vergangene Jahr. Für viele Obst- und Gemüsebauern stelle sich inzwischen die Existenzfrage, warnte Präsident Roman Glaser. Er appellierte an Politik, Lebensmitteleinzelhandel und Verbraucher, sich klar zur heimischen Landwirtschaft zu bekennen. "Reine Lippenbekenntnisse reichen nicht aus", sagte er. Es müsse auch danach gehandelt werden.
Glaser: Teil der "heimischen Produktion" könnte verloren gehen
Glaser monierte unterschiedliche Standards bei der Erzeugung: Für importierte Ware würden in den Herkunftsländern oftmals nachweislich niedrigere Anforderungen gelten, während heimische Ware sich höchsten Standards zu unterwerfen habe. Das führe zur Verzerrung des Wettbewerbs. "Und es wird dazu führen, dass wir einen Teil der heimischen Produktion verlieren", so der Präsident des Genossenschaftsverbands.
Schwer zu schaffen machte den Obst- und Gemüsebauern im Land vor allem die Erhöhung des Mindestlohnes, allgemein höhere Lohnkosten sowie mehr Ausgaben für Energie, Transport und Verpackung, so Glaser. Wegen des trockenen Sommers hätten die Landwirte zudem für Bewässerung tiefer in die Tasche greifen müssen - ohne dass sie all diese Mehrausgaben mit höheren Preisen für ihre Produkte hereinholen konnten, sagte Glaser. Die Preise für frisches Obst und Gemüse seien 2022 nur geringfügig gestiegen.
Tausende Tonnen weniger vermarktet - bei Obst und Gemüse
Insgesamt hätten die genossenschaftlichen Erzeuger gemeinsam mit ihren Vertriebsgesellschaften im Jahr 2022 Rückgänge bei der Menge wie auch beim Umsatz mit Obst und Gemüse verzeichnet: Beim Obst habe man mit 243.000 Tonnen rund 18.000 Tonnen und damit 7 Prozent weniger vermarktet als im Vorjahr. Beim Gemüse waren es 126.000 Tonnen - ein Minus von 5 Prozent. Die Umsätze insgesamt sanken um 7 Prozent auf 470 Millionen Euro.
Erdbeeren und Spargel besonders betroffen
Vor allem die Erdbeer- und die Spargelbäuerinnen und -bauern konnten nicht zufrieden sein: Mit rund 3.800 Tonnen lag die Absatzmenge beim Spargel erneut auf historisch niedrigem Niveau. "Es war ein furchtbares Jahr", sagte Glaser. Schon 2021 war der Spargelabsatz wegen fehlender Saisonkräfte und wegen der Corona-Pandemie mit teils geschlossener Gastronomie mit rund 4.700 Tonnen sehr gering gewesen. Der Verkauf heimischer Erdbeeren litt unter großer und billigerer Konkurrenz aus dem Ausland und lag mit etwas über 6.000 Tonnen etwa 2.300 Tonnen unter dem Absatz des Vorjahres.
Beim Lieblingsobst der Deutschen, dem Apfel, verbesserte sich die Vermarktungsmenge zwar und bewegte sich um 36 Prozent nach oben auf 194.000 Tonnen. Der Umsatz stieg hingegen nur um 6 Prozent auf 90 Millionen Euro: Niedrige Preise bremsten aber auch hier.