Eine Fahrschul-Straßenbahn der RNV steht im Depot. (Foto: SWR)

Fünf Jahre Mannheimer Modell der rnv

Flüchtlinge werden in Mannheim zu Straßenbahnfahrern ausgebildet

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Seit fünf Jahren bildet die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH Geflüchtete aus. Nach zwei Jahren Corona-Pause gehen jetzt die neuen Azubis in Mannheim an den Start.

Hawbash Jamal Saeed schaut mit leuchtenden Augen auf die Straßenbahn, die gerade im Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr-GmbH (rnv) in Mannheim steht. Im Irak, wo er herkommt, gibt es keine Straßenbahnen, sagt er. Er kannte sie nur aus dem Fernsehen und findet sie seit seiner Kindheit faszinierend. Er hat sogar zahlreiche Spielzeug-Straßenbahnen zuhause, sagt er schmunzelnd.

Hawbash Jamal Saeed aus dem Irak befindet sich zurzeit im Praktikum bei der RNV.  (Foto: SWR)
Hawbash Jamal Saeed aus dem Irak befindet sich zurzeit im Praktikum bei der RNV.

"Ich liebe Straßenbahnfahren, das ist mein Traumjob!"

Hawbash Jamal Saeed war Bäcker im Irak. Hier in Mannheim kann er jetzt seinen Kindheitstraum wahr werden lassen. Aber bis er tatsächlich in einer Straßenbahn sitzt und selbst fährt, dauert es noch ein paar Jahre. Er befindet sich gerade erst im dreimonatigen Praktikum bei der rnv, dem ersten Abschnitt seiner mehrstufigen Ausbildung.

Mehrstufiges Ausbildungsmodell

Das sogenannte "Mannheimer Modell" der rnv sieht vor, dass die Geflüchteten nach dem Praktikum erstmal zwei Jahre lang zusammen mit erfahrenen Kontrolleuren Fahrkarten überprüfen. In dieser Zeit lernen sie das Streckennetz kennen. Im Anschluss daran machen die Geflüchteten eine Ausbildung zum Straßenbahnfahrer. Anschließend erhalten sie eine unbefristete Festanstellung.

Mehboob Ahmad Hashim aus Pakistan hat das Programm schon erfolgreich absolviert. Er gehörte dem 1. Jahrgang 2017 an, heute ist er Straßenbahnfahrer und liebt seinen Job, sagt er.

Straßenbahnfahrer Mehboob Ahmad Hashim aus Pakistan steht vor einer Straßenbahn.  (Foto: SWR, 300)
Mehboob Ahmad Hashim aus Pakistan hat die Ausbildung zum Straßenbahnfaherer erfolgreich absolviert.

"Ich finde den Job einfach super! Ich mache ihn Hundert Mal lieber, als meinen früheren Beruf als Hotelfachmann."

Er wollte schon immer Lokführer oder Pilot oder etwas Ähnliches werden. Als die Arbeitsagentur ihn fragte, ob er an dem Integrationsprojekt der rnv teilnehmen möchte, sagte er sofort zu. Das größte Problem bei der Ausbildung war allerdings die deutsche Sprache.

"Ich hatte Probleme mit den Dialekten, in Deutschland gibt es Hunderte von Dialekten. Der eine spricht Monnemerisch, der andere Bayrisch....aber meine Kollegen haben mir sehr viel geholfen."

50 Prozent werden übernommen

Die rnv arbeitet für das Programm mit der Mannheimer Arbeitsagentur und dem Jobcenter zusammen. Sie laden interessierte Geflüchtete ein und empfehlen den Verkehrsbetrieben geeignete Kandidaten. Etwa 50 Prozent der Geflüchteten werden laut rnv übernommen.

Der neue Ausbildungsjahrgang besteht aus fünf Geflüchteten und einer Frau.  (Foto: SWR)
Geflüchtete werden bei der RNV in Mannheim zu Straßenbahnfahrern ausgebildet.

"Das ist ein Projekt, das wir auf jeden Fall auch in Zukunft fortsetzen wollen."

Nach zwei Jahren Pause wegen der Corona-Pandemie ist der dritte Jahrgang ins Praktikum gestartet, fünf Geflüchtete und eine nicht-geflüchtete Frau nehmen daran teil. Bald beginnt die Ausbildung zum Fahrscheinkontrolleur bzw. - kontrolleurin.

Bisher haben sich vor allem Flüchtlinge aus dem Nahen Osten für das Ausbildungsprogramm beworben. In diesem Sommer möchte die rnv dann damit beginnen, auch Geflüchtete aus der Ukraine anzuwerben.

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SWR