Original und Fälschung des Bildes "Kopf eines Knaben" von Lucas Cranach d.Ä. (Foto: Kurpfälzisches Museum / Abbildung © bpk | RMN - Grand Palais | Jean Popovitch)

Ausstellung im Kurpfälzischen Museum

"Kunst und Fälschung" in Heidelberg: Wie KI die Fälscher-Szene verändert

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AUTOR/IN
Philipp Behrens

Das Kurpfälzische Museum in Heidelberg zeigt seit Donnerstag gefälschte Kunstwerke im Vergleich zum Original. Ein Highlight ist ein Rembrandt, der mittels KI und 3D-Druck angefertigt wurde.

Immer wieder landen täuschend echte Kunstfälschungen auf dem Markt. Jetzt zeigen das Kurpfälzische Museum und das Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg zum ersten Mal beschlagnahmte gefälschten Kunstwerke in einer Ausstellung, darunter die angeblich originalen Gemälde, Zeichnungen und Drucke von namhaften Künstlern und Künstlerinnen wie Lucas Cranach, Rembrandt, Vincent Van Gogh, Paula Modersohn-Becker, Salvador Dalí oder Pablo Picasso. Ergänzend dazu zeigt das Kurpfälzische Museum kostbare Originale und ermöglicht so den Vergleich von Echt und Falsch. Die Schau "Kunst und Fälschung" geht bis zum 30. Juni 2024.

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Fälschungen aus der Asservatenkammer

Henry Keazor ist Professor für Kunstgeschichte an der Uni Heidelberg und Kurator der Ausstellung "Kunst und Fälschung" im Kurpfälzischen Museum Heidelberg. Die Ausstellungsobjekte hat Keazor überwiegend aus den Asservatenkammern verschiedener Landeskriminalämter erhalten, vorwiegend aus Berlin, München und Stuttgart.

Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Täuschend echte Kunstfälschungen gelangen immer wieder in den Handel. Christian Gollers Fälschung eines Knabenbildes nach Lucas Cranach d.Ä. ist rückseitig datiert auf das Jahr 1509. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH © bpk | RMN - Grand Palais | Jean Popovitch)
Das Original zum Vergleich: Lucas Cranach d.Ä.: „Kopf eines Knaben“, Paris, Louvre, ca. 1510/15. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Ein besonderes Highlight ist auch ein Rembrandt-Porträt aus Amsterdam. Das computergefertigte Bild ist das Ergebnis des Projektes „The Next Rembrandt“ und entstand mittels künstlicher Intelligenz und 3D-Druck. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Fälschung nach Rembrandt von Wolfgang Lämmle: „Drei Frauen, davon eine schlafend ()“, signiert mit „Rambrandt f.“ und datiert auf 1637. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Diese Gemälde wurde Vincent van Gogh zugeschrieben und bewusst als Fälschung verkauft: Landschaft, Öl auf Leinwand., vor 1913. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Die Kunstfälschungen sind erstaunlich vielfältig. Sie reichen von täuschenden Eingriffen über fingierte Provenienzen und Expertisen bis hin zur Totalfälschung oder Erfindung unechter Künstlerbiografien. Diese „Landschaft“ von Anonym ist eine Fälschung nach Otto Modersohn, signiert mit „O Modersohn“. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Fälschung nach Heinrich Campendonk von Wolfgang Beltracchi: „Katze in Berglandschaft“ , signiert mit „Campendonk“ und datiert auf 1914. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen (Foto: Pressestelle, KMH)
Fälschung nach Max Liebermann von Anonym: „Selbstbildnis mit Modell im Atelier “, datiert vor 1934, signiert mit „M Liebermann“. Bild in Detailansicht öffnen

Porträt im Stil von Rembrandt mit KI und einem 3D-Drucker hergestellt

Eine Leihgabe stammt nicht aus einer Fälscherwerkstatt, sondern aus einem Labor niederländischer Wissenschaftler. Programmierer und KI-Experten der Universität Delft haben 18 Monate lang sämtliche Werke Rembrandts analysiert - und damit quasi Rembrandts „Künstler-DNA“ entschlüsselt. Die Wissenschaftler digitalisierten die Rembrandt-Werke mit hochauflösenden 3D-Scannern. Untersucht wurden beispielsweise die Augenpartien, Geometrie, Komposition und Farbzusammensetzung. Die KI konnte so ein typisches Rembrandt-Auge berechnen. Mit 150 Gigabyte Daten wurde eine KI gefüttert, ein 3D-Drucker hat dann einen "Neuen Rembrandt" in 13 Lagen ausgedruckt, eben den "Next-Rembrandt", genau im Stil des großen Meisters aus den 1630er Jahren. Stil, Pinselstrich – alles so wie Rembrandt.

Fälschung nach Rembrandt, ein Mann mit einem Hut vor einem dunklen Hintergrund (Foto: Kurpfälzisches Museum)
"The Next Rembrandt", mittels KI und 3D Drucker erzeugtes Kunstwerk, hervorgegangen aus einem interdisziplinären Forschungsprojekt, Abbildung: Wikimedia Commons

KI könnte die Arbeit von Fälschern grundlegend verändern

Nach Ansicht von Henry Keazor könnte KI auch die Art und Weise, wie Fälscher arbeiten, grundlegend verändern. Zukünftig könnte ihr Job vor allem darin bestehen, eine KI mit möglichst genauen Anweisungen und Vorgaben zu füttern, sogenannten Prompts.

Es kann natürlich sein, dass die Fälscher sich künftig darauf verlegen, dass sie gute Prompts schreiben. Also dass sie wissen, wie sie die KI dazu bringen, etwas ganz bestimmtes zu machen.

Aber auch bei der Fahndung nach gefälschter Kunst spielt KI eine immer größere Rolle. Verschiedene Start-ups entwickeln Apps, die Kunstexperten wie Henry Keazor oder Ermittler der Kriminalpolizei bei der Jagd nach Fälschungen unterstützen. KI hat nach Ansicht des Heidelberger Kunsthistorikers aber auch das Potential, einen völlig neuen Kunstmarkt zu schaffen. Zukünftig, so Keazor, könnte sich jeder einen "echten" Rembrandt an die Wand hängen, und das mit einem Wunschmotiv. Kurator Henry Keazor selbst hätte gerne einen Rembrandt mit den Simpsons.

Man kann ja so ein Stück weit sich selbst auch verwirklichen. Man kann hier der KI sagen, dass sie zum Beispiel persönliche Details von einem selber einbauen soll.

Nahezu alle bekannten Fälscher sind Männer

Mit Ausnahme des "Next-Rembrandt" sind alle anderen Ausstellungsstücke in Heidelberg mit Stift und Pinsel in einer Fälschwerkstatt entstanden. Auffällig ist, dass nahezu alle bekannten Fälscher Männer sind. Nach Ansicht von Henry Keazor drängen sich dabei die Fragen auf, ob "Frauen möglicherweise ehrlicher als Männer sind oder ob sie möglicherweise besser sind als ihre männlichen Kollegen und deswegen noch nicht aufgeflogen sind".

Die Ausstellung Kunst und Fälschung im Kurpfälzischen Museum, ist noch bis zum 30. Juni 2024 zu sehen. Begleitet wird die Ausstellung von einer Vortragsreihe, außerdem zeigt das Heidelberger Programmkino Spielfilme und Dokumentation zum Thema Fälschung.

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