Badener gründen Uni in Kenia (Foto: SWR, SWR/ Teo Jägersberg)

Von der Idee bis zur Gründung

So haben fünf junge Badener eine Universität in Kenia gegründet

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Diana Ginzburg

Fünf junge Männer aus Karlsruhe und Baden-Baden haben eine Universität in Kenia gegründet. Dabei mussten sie gleich mehrere Hürden überwinden, um ihre Vision umzusetzten.

Konstantin Kölmel, Matteo Scherer, Nils Rauscher, Hendrik Langenstein und Marcel Geck haben im Januar das wohl erste hybride Bildungszentrum in Kenia eröffnet. Die fünf jungen Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren besuchen selbst teils noch die Schule oder studieren an einer Universität in Karlsruhe. Es ist ihr erstes Projekt.

SWR-Reporter Teo Jägersberg hat die fünf Männer getroffen:

Wie die Hybrid-Universität funktioniert

Nach Angaben der jungen Uni-Gründer ist das Projekt Teil eines weltweiten Netzwerks kostenloser universitärer Bildungszentren. Das Besondere: Es gibt Lehrveranstaltungen vor Ort und es werden auch Lehrende aus anderen Ländern zugeschaltet. Damit dies gelinge, nutze man moderne Technologien wie Satelliten-Internet, um auch abgelegene Gebiete mit Bildung zu versorgen. Wichtig sei ihnen dabei vor allem, Wissen praktisch zu vermitteln.

Gemeinsam mit Vertretern aus Nairobi versuchen die fünf nach eigenen Angaben, ein "Mikrokredit-Programm" aufzusetzen. Dieses soll Studierenden demnach helfen, eigene Unternehmen zu gründen.

Der Beginn ihrer Initiative

Bevor sie ihre eigene Uni gründeten, begannen alle fünf als Mitglieder des sogenannten Leo Clubs. Eine Wohltätigkeitsorganisation, die lokale Akteure zusammenschließt, die Projekte leiten wollen. In dem Club habe man sich als Aktivisten kennengelernt, erklären die jungen Männer dem SWR. Als Gruppe habe man aber etwas Eigenes auf die Beine stellen wollen - und schließlich eine eigene Initiative gegründet: die Liberating Education Organization (LEO).

Der Prozess der Ideenfindung

Wie viel sie bewegen können, erkannten die jungen Männer vor etwa einem Jahr, als sie zu einer Tagung der Vereinten Nationen in New York eingeladen wurden, weil sie sich bei einer humanitären Aktion für die Ukraine beteiligten.

Wir haben gemerkt, dass wir die Chance haben, auch große, sogar internationale Dinge anzugehen.

Neben der Hilfe für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer sei es den Fünf wichtig gewesen, Lücken bei der Bildung in ärmeren Ländern zu schließen. Nils Rauscher erklärt, tertiäre Bildung sei immer noch ein Riesenproblem. "Gerade der wichtigste Schritt von dem Zeitpunkt, wo man lesen und schreiben kann und dem Schritt, wo man wirklich etwas mit seiner Bildung anfangen kann."

Also habe man beschlossen, die Einladung zur Tagung der Vereinten Nationen als Chance zu nutzen, um mit einer Idee anzusetzen.

Badener gründen Universität in Kenia (Foto: SWR, SWR)
Die Badener bei den Vereinten Nationen.

"Sehr arbeitsintensiv"

Seither habe sich einiges getan: Seit vergangenem März seien sie konkret in die Arbeit eingestiegen. Dabei erinnert sich Rauscher an einen "ziemlich engen Zeitplan" und es sei sehr arbeitsintensiv gewesen.

Und auch Rückschläge habe man einstecken müssen. So habe man eine erste Vision, ein Bachelorprogramm anzubieten, verwerfen müssen. Die Lebensrealität in Kenia sei schlicht eine andere.

Man bekommt mit einem Universitätsabschluss nicht zwangsweise einen Job, deswegen haben wir ein einjähriges Programm entwickelt.

Und auch eine weitere Hürde galt es zu überwinden: die deutsche Bürokratie. Dazu setzten sich die Jungs mit Notaren und Wirtschaftsprüfern zusammen. Die griffen ihnen teils sogar kostenlos unter die Arme. Ohne die sei es nicht möglich gewesen, erklären die jungen Männer.

Badener gründen Universität in Kenia (Foto: SWR, SWR)
Ihnen soll das Programm zugute kommen: Studierende in Kenia.

Auch die Finanzierung und das Sammeln von Spenden sei nicht leicht umzusetzen gewesen, da sich viele Stiftungen auf Projekte in Deutschland fokussierten, erzählt Hendrik Langenstein. Zusammen habe man deswegen eine Oldtimer-Rallye und eine Benefiz-Gala in Baden-Baden veranstaltet. Durch die Spenden sei es anschließend möglich gewesen, das Projekt komplett ohne externe Stiftungen zu realisieren. 

Vor Ort selber anpacken

Aber auch in der Praxis vor Ort waren die fünf Badener aktiv - etwa beim Aufbau des Hybrid-Systems. Die Zusammenarbeit vor Ort sei dabei durchweg positiv und spannend gewesen, berichtet Langenstein. "Es war unglaublich ergreifend zu sehen, wie engagiert die Schule, die Schülerinnen und Schüler sind." Um den Studierenden einen angenehmen Ort zum Lernen zu bieten, habe man sich auch über die Örtlichkeiten genaue Gedanken gemacht.

Konstantin Kölmel ist sich sicher: "Ein Schlafzimmer, das man mit seinen Geschwistern teilt, ist kein Platz zum Lernen." Deswegen gebe es die Hybridcenter, wo man jederzeit hinkommen kann, so Kölmel. Besonderen Wert lege man außerdem auf die Entwicklung der Kurse in Abstimmung mit den lokalen Gemeinschaften. Damit wolle man sicherstellen, dass diese die Bedürfnisse und Herausforderungen der Regionen widerspiegelten.

Partnerschaften mit Universitäten, UN-Botschaftern und Unternehmen ermöglichten es, aktuelle und praxisrelevante Inhalte anzubieten, erklären die fünf Aktivsten. Die Studenten profitierten dabei von Kursen, die von führenden Professoren und Experten gehalten würden - und lernen demnach sowohl Grundlagen der Wirtschaft als auch die Gründung eigener Start-Ups.

Badener gründen Uni in Kenia (Foto: SWR, SWR/ Teo Jägersberg)
Die Uni in Kenia ist spendenbasiert.

Rat an andere Aktivisten

Die Jungs wollen mit ihrem Programm andere junge Menschen dazu bewegen sich zu trauen. So nimmt Rauscher für sich eine wichtige Lektion mit: einfach machen. "Man bekommt oft Nein gesagt, aber wenn man bei hundert Mails zehn Zusagen bekommt, dann reicht es schon ein Projekt zu initiieren", erklärt er. Und auch Langenstein zieht für sich Erkenntnisse aus der Erfahrung - auch auf menschlicher Ebene. Er findet: "Man lernt das, was man hat, wertzuschätzen."

Damit wollen sich die jungen Badener aber noch nicht zufriedengeben. Ihre Vision ist es, Bildungszentren in weiteren entlegenen Regionen zu schaffen und somit einen Beitrag zur globalen Bildungsgerechtigkeit zu leisten - und zwar an so vielen Standorten wie möglich.

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