Lüge und Wahrheit in Karlsruhe

Fake News und KI auf der Bühne: "Die Tagesshow" am Staatstheater

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Autor/in
Sebastian Binz
Portrait Sebastian Binz

Das Badische Staatstheater spielt mit künstlicher Intelligenz und der Lüge. In der Inszenierung des neuen Digitaltheaters geht es um Fake News und die Rolle der Medien.

Im Theaterstück "Die Tagesshow" des neuen Digitaltheaters am Badischen Staatstheater wird eine gefälschte Fernsehsendung produziert - live auf der Bühne. Mithilfe von Künstler Intelligenz (KI) schlüpft der Schauspieler Riccardo Pallotta in die Rolle des Tagesschau-Sprechers Constantin Schreiber. Das Publikum im Saal kann aus einer Vorauswahl mitbestimmen, welche Themen in der "Tagesshow" vorkommen.

Die Zuschauer werden so zu Komplizen der Lüge.

"Tagesshow"-Theater: Fake News und Wahrheit

Laut Regisseur Kevin Barz geht es darum, dem Publikum ein Gespür für Falschmeldungen zu vermitteln: "Fake News sind deswegen, so gefährlich, weil sie immer einen Funken Realität aufgreifen", sagt er. Keines der Themen in der inszenierten "Tagesshow" sei völlig aus der Luft gegriffen.

Über weite Teile des 90-minütigen Theaterstücks hält Riccardo Pallotta einen Monolog zum Thema Lüge und Inszenierung. An vielen Beispielen zeigt er, welche realen Auswirkungen falsche Nachrichtenmeldungen, also Fake News, haben können. Nach und nach schlüpft Pallotta in die Rolle eines Nachrichtensprechers.

Ein Schauspieler sitzt vor einem Schmickspiegel und richtet seine Perücke.
Schauspieler Riccardo Pallotta verkleidet sich nach und nach als "Tagesshow"-Sprecher.

Deepfake-Simulation live aus dem Theater in Karlsruhe

Zum Abschluss des Stücks wird die gefälschte Nachrichten-Sendung live um 20 Uhr über den Youtube-Kanal des Badischen Staatstheaters ins Internet gestreamt. Dabei kommt ein Deepfake-Modell zum Einsatz, das die Gesichtszüge von Riccardo Pallotta in Echtzeit auf die Gesichtszüge des Tagesschau-Sprechers überträgt.

Mehrere Computer-Bildschirme im Theatersaal. Ein Computer-Modell überträgt Gesichtszüge auf ein anderes Gesicht.
Im Hintergrund rechnet das Deepfake-Modell des Digitaltheaters.

Das Modell funktioniert mithilfe von künstlicher Intelligenz und wurde auf Servern des Badischen Staatstheaters entwickelt. Kopf des Projekts ist Frieder Gätjen vom neuen Digitaltheater. Er meint: "Das Modell hat seine Grenzen. Wir haben das jetzt speziell auf die Gesichter von Riccardo [Pallotta] und Constantin Schreiber trainiert."

Über sechs Wochen lang sei das neuronale Netz des Deepfake-Modells mit Fotos der beiden Männer gefüttert worden, "insgesamt über 25.000 Einzelbilder", erzählt Frieder Gätjen. So hätte das Modell nach und nach gelernt, welche Gesichtszüge sich wie übertragen lassen. Eine besondere Herausforderung sei es gewesen, das Modell so einfach zu halten, dass es trotz der komplizierten Berechnungen in Echtzeit arbeiten kann. Wenn Riccardo Pallotta spricht, bewegt die digitale Simulation quasi zeitgleich die Lippen.

"Positive Fake News": Deutsche Bahn, KSC und Trump

Die Auswahl der Nachrichten-Themen ist mehr oder weniger nah an der Realität - einige Beispiele: Die Deutsche Bahn sei zu 90 Prozent pünktlich, der Karlsruher SC steige auf und Donald Trump sitze gemeinsam mit Elon Musk auf dem Mond fest. Regisseur Kevin Barz meint damit ausschließlich positive Falschmeldungen zu präsentieren.

Wir wollen auch das utopische Potenzial der Lüge nutzen und zeigen, wie die Welt sein könnte.

In der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Themen Wahrheit und Lüge scheinen die Grenzen der Inszenierung zu verschwimmen. "Wie in der Realität des Internets auch", meint Barz. Aufgabe der Gesellschaft sei es, sich mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen. Im Theaterstück wolle Barz "die digitale Welt aufgreifen und auf die Bühne übersetzen" - das sei im Übrigen auch der Leitspruch des Digitaltheaters am Badischen Staatstheater in Karlsruhe.

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