Im Laden "Anno Dazumal" in der Nähe des Baden-Badener Festspielhauses sieht es aus wie in einer Fantasiewelt. Porzellan, Puppen, Silberbesteck, Spielzeugautos, aber auch Ölgemälde, Bücher und historische Fotografien finden sich im Sortiment. All diese Dinge stammen aus Haushaltsauflösungen.
Nicole Graf löst professionell Haushalte auf. All das, was noch gut erhalten oder möglicherweise für Sammler interessant ist, rettet sie vor dem Müll und bietet es in ihrem Laden zum Kauf an.
Haushaltsauflöserin - als Frau in einer Männerdomäne
Als Frau ist Nicole Graf in der Branche der Haushaltsauflöser eine Besonderheit. Die Arbeit ist körperlich schwer und man hat mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Es gilt immer, den richtigen Umgangston zu finden - sei es mit Altmetall-Ankäufern oder der Millionärswitwe in einem vornehmen Baden-Badener Wohngebiet.
Ahnung von Antiquitäten und Kunst ist von Vorteil
Vertrauen und Respekt, sagt Nicole Graf, spielen bei ihrer Arbeit eine sehr große Rolle. Ältere Menschen haben oft Wertsachen oder Geld im Haus versteckt. Das kommt oft erst beim Ausräumen der Gebäude zum Vorschein.
Angehörige sind oft mit dem Auflösen von Nachlässen überfordert. So muss Nicole Graf nicht nur Seelentrösterin sein, sondern auch viel Ahnung von Antiquitäten und Kunst haben. Es ist nicht immer leicht zu erkennen, welche Objekte wertvoll sein könnten und was entsorgt werden kann.
Nachhaltigkeit wichtig beim Entrümpeln
Als Haushaltsauflöserin hört Nicole Graf auch viel über menschliche Schicksale. Ihr letzter Auftrag führte sie in eine Baden-Badener Villa. Dort war ein Mann gestorben, der über Jahrzehnte gemeinsam mit seiner Mutter bis zu deren Tod in dem Haus gelebt hatte. Elf Container Müll mussten aus der Villa gebracht werden, bis klar war, was noch verkauft werden konnte.
Das Auflösen von Haushalten, so Nicole Graf, könne man nicht als Job betrachten. Es sei eine Lebensaufgabe, der man sich mit Herz verschreiben müsse. Nachhaltigkeit ist für sie ein wichtiges Argument. Schöne Objekte aus vergangenen Zeiten sollten der Nachwelt erhalten bleiben. Werfe man sie einfach weg, verschwinde auch ein Stück Geschichte, sagt sie.