Das ehemalige Fabrikgebäude in Karlsruhe (Foto: SWR)

"Geschichte eines ungeheuren Raums"

Ausstellung zu ehemaliger Munitionsfabrik in Karlsruhe

Stand
AUTOR/IN
Fabiola Germer
Ein Bild von Fabiola Germer (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Das Gebäude der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe war früher eine Munitionsfabrik. Damit setzen sich Studierende anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Hochschule in einer Ausstellung auseinander.

Für Karlsruherinnen und Karlsruher ist das lange, gelbe Gebäude mit den vielen Fenstern einer der kulturellen Mittelpunkte der Stadt. Hier befinden sich das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), die Hochschule für Gestaltung (HfG) und die Städtische Galerie. Dass dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein riesiges Fabrikgelände war, auf dem massenhaft Munition für Waffen produziert und Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden, davon ist heute nichts mehr zu sehen.

Doch was bedeutet die Vergangenheit des Gebäudes als ehemalige Munitionsfabrik für die heutige Zeit? Mit dieser Frage beschäftigen sich Studierende der Hochschule für Gestaltung in ihrer Ausstellung "Munitionsfabrik - Geschichte eines ungeheuren Raums". Sie befindet sich im denkmalgeschützten "Hallenbau A". Der einzige Teil der Munitionsfabrik, der erhalten geblieben ist.

Fast so groß wie eine Kleinstadt

Etwa 30.000 Fabrikarbeiter waren auf dem gesamten Areal während des Zweiten Weltkriegs beschäftigt. "Das ist etwa die Größe von Ettlingen", erklärt der Kurator der Ausstellung Thomas Rustemeyer. Zwischen 1939 und 1945 arbeiteten in der Fabrik auch etwa 17.000 Zwangsarbeiter aus ganz Europa.

Unmenschliche Bedingungen in ehemaliger Munitionsfabrik

Unter unmenschlichen Bedingungen mussten sie dort ihre Tage verbringen. Laut Rustemeyer hatten sie nur das Nötigste zu essen, wenig Kleidung und wurden vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt. Die medizinische Versorgung und der persönliche Umgang hing maßgeblich von der Herkunft der Arbeiterinnen und Arbeiter ab. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten waren Frauen, die auch für die Prostitution benutzt wurden.

"Wir wollten Archivmaterial und Projekte, die es schon gibt, mit neuen Studienarbeiten vereinen und als eine Sammlung zeigen."

Ausstellung als Zentrum der Geschichte

Die Ausstellung vereint Archivmaterial aus dem Stadtarchiv und dem Generallandesarchiv in Karlsruhe sowie ältere Projektarbeiten, die zur Geschichte der ehemaligen Munitionsfabrik schon existierten. Unter anderem wird auch ein Dokumentarfilm gezeigt, in dem zwei ehemalige Zwangsarbeiter über ihr Leben und die schwere Arbeit in der Fabrik berichten.

Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik

Im Jahr 1872 wurde die damalige Patronenhülsenfabrik Henri Ehrmann & Cie gegründet. Etwa zehn Jahre später wurde die Produktion scharfer Munition genehmigt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Fabrik dann in Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik (DWM) umbenannt und zur Aktiengesellschaft. Sie entwickelte sich zu einer der größten Rüstungsfirmen der damaligen Zeit.

Eigentlich sollte die Produktion bereits im Ersten Weltkrieg losgehen, aber bis das gesamte Areal fertig wurde, war es schon zu spät. Zwischen 1915 und 1918 wuchs das Gelände auf 62.000 Quadratmeter an und war damit bereit für die Massenproduktion im Zweiten Weltkrieg.

Blick auf das Museum ZKM (Foto: IMAGO, imago images / Westend61)
Blick auf das Museum ZKM

Von der Fabrik zum Grundstein des ZKM

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Gelände zwar immer noch produziert, aber statt Waffen waren es nun unter anderem Nähmaschinen. In den 1980er Jahren dann der Umbruch: Karlsruher Künstler siedelten sich in den brach liegenden Hallen an und nutzten sie als kreative Arbeits- und Präsentationsflächen. Damit wurde der Grundstein für das heute Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) gelegt.

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