Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod (Archivbild))

Straftaten im Zusammenhang mit "Antimilitarismus"

Linke Gewalt gegen "Kriegstreiber" - Baden-Württembergs Innenminister warnt vor Radikalisierung

Stand

Der Ukraine-Krieg könnte Linksextremisten zu neuer Gewalt animieren. Davor warnt Baden-Württembergs Innenminister. In der Szene spiele "Antimilitarismus" zunehmend eine Rolle.

Regierungsparteien, die Bundeswehr und Rüstungskonzerne geraten nach Ansicht von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Zuge des Ukraine-Kriegs zunehmend ins Visier von gewalttätigen Linksextremisten. Es sei davon auszugehen, dass "alle, die aus Sicht der linken Szene als Kriegstreiber angesehen werden, auch gefährdet sind, Opfer eines Anschlags zu werden", sagte Strobl der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Stuttgart. "Hierzu zählen insbesondere die Regierungsparteien, die Bundeswehr und Unternehmen mit Bezügen zur Rüstungsindustrie." Man werde die Entwicklung sorgfältig beobachten.

"Antimilitarismus" spielt zunehmend eine Rolle

Strobl sagte, mit Beginn des russischen Angriffskriegs spiele in der hiesigen linksextremistischen Szene neben dem "Antifaschismus" zunehmend auch der "Antimilitarismus" wieder eine Rolle. In diesem Zusammenhang seien bereits einige Straftaten in Baden-Württemberg verübt worden - bislang vor allem Farbanschläge. "Wenn sich die Lage in der Ukraine und die Auswirkungen auf Deutschland zuspitzen, müssen wir allerdings auch hier damit rechnen, dass sich diese Szene radikalisiert."

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Angriffe mit Farbschmiererei und Schriftzügen

Ende April wurde nach Angaben des Landesverfassungsschutzes die Fassade des Stuttgarter SPD-Büros mit roter Farbe beschmiert. Damit sollte die Partei "als Kriegstreiber markiert" werden, heißt es in einem Schreiben auf der von Linksextremisten genutzten Internetplattform "de.indymedia.org". Durch die Tat sei "das Blut der Arbeiter:innen der Welt, das durch ihre Waffen zweifelsohne fließen wird, symbolisch an die Fassade" gebracht worden. Am Ende des Beitrags wird dazu aufgerufen, antimilitaristisch aktiv zu werden, die "Kriegsindustrie" zu stören, Waffenexporte blockieren und revolutionär für ein anderes System zu kämpfen.

Nur einen Tag später wurden die Fenster einer Filiale der Deutschen Bank in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) mit dem Schriftzug "Kriegsprofiteure" versehen. Im Mai wurde in einem Stuttgarter Einkaufszentrum ein Informationsstand der Bundeswehr mit Farbe beschädigt. Anfang April wurden auf "de.indymedia.org" zudem unter der Überschrift "Rüstungsindustrie angreifen!" Adressen von Unternehmen veröffentlicht.

659 linksextremistische Angriffe wurden 2021 verzeichnet

Der "Antimilitarismus" gewinnt in der Szene als ideologisches Motiv an Bedeutung. Die Radikalisierung im Bereich des "Antifaschismus", vor allem in Teilen der gewaltorientierten Szene des Großraum Stuttgart, hätte sich zuletzt hingegen nicht verstetigt, so das Innenministerium. Linksextremistische Angriffe nahmen 2021 in Baden-Württemberg insgesamt deutlich zu. Der Geheimdienst verzeichnete im vergangenen Jahr 659 entsprechende Straftaten im Land, 2020 waren es noch 455 - eine sprunghafte Steigerung von knapp 45 Prozent. So steht es im neuen Verfassungsschutzbericht, den Innenminister Strobl am Donnerstag in Stuttgart vorstellte. Der linksextremistischen Szene in Baden-Württemberg werden derzeit 2.790 Personen zugerechnet, darunter 860 gewaltbereite.

Anstieg der Straftaten nur vorübergehendes Phänomen?

Allerdings geht das Innenministerium davon aus, dass der sprunghafte Anstieg der Straftaten mit den Wahlen im vergangenen Jahr zusammenhängt - und damit nur ein vorübergehendes Phänomen darstellt. Das bestätigen auch neue Zahlen zu linksextremer Kriminalität, die der dpa vorliegen. Demnach sind die linksextremistischen Straftaten im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder deutlich zurückgegangen - die Zahl der Fälle hat sich von 191 auf 97 fast halbiert.

"Der deutliche Rückgang linksmotivierter Straftaten ist vor dem Hintergrund des deutlichen Anstiegs dieser Straftaten im letzten Jahr im Kontext der Wahlen zu bewerten", heißt es aus dem Ministerium. Dagegen lag die Zahl der Gewaltdelikte mit zehn (2021: vier) Fällen in den ersten drei Monaten über dem Vorjahresniveau.

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