Zwei Arme auf einem Bett. Symbolbild Gewalt gegen Frauen.

"Orange Day": Tag gegen Gewalt an Frauen

Mitternachtsmission Heilbronn: Es braucht mehr Frauenhausplätze

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Jan Arnecke
Jan Arnecke

Am "Orange Day" soll auf das Problem von Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht werden. Es müsse sich noch viel bewegen, so beispielsweise die Mitternachtsmission Heilbronn.

Am 25. November ist der sogenannte Orange Day, der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Auch in Heilbronn-Franken gibt es das Problem weiterhin, so Tobias Bothe, der stellvertretende Abteilungsleiter bei der Mitternachtsmission der Caritas Heilbronn.

Die Mitternachtsmission betreibt Frauenhäuser in Heilbronn und kümmert sich um Opfer von häuslicher Gewalt. Dabei sollen die Hilfesuchenden auch aus dem gewalttätigen Umfeld heraus geholt werden. Opfer sind meist Frauen und Kinder.

Gewalt an Frauen nimmt weiterhin zu

Laut Bundeskriminalamt (BKA) nimmt die Anzahl an Fällen von Gewalt in Partnerschaften deutschlandweit zu. Dennoch hat die Zahl der Frauen, die Hilfe von der Mitternachtsmission bekommen, nicht zugenommen: So wollten etwa 170 Frauen 2023 aufgenommen werden, in etwa so viele wie auch 2022, erklärt Bothe. Das könne aber auch damit zusammenhängen, dass die Mitternachtsmission in diesem Jahr ihr neues "Open House" eröffnet hat. Durch den Umzug und die dadurch begrenzte Personalkapazität habe man schlichtweg nicht alle Plätze voll belegen können.

Bothe fordert darüber hinaus mehr Frauenhausplätze. Laut der sogenannten Istanbul-Konvention, zu der auch Deutschland zugestimmt hatte, fehlen in Deutschland 14.000 Frauenhausplätze. Aus Platzmangel müssten nicht zuletzt auch in Heilbronn quasi täglich Schutzsuchende abgewiesen werden. Werde ein Platz frei, gebe es tags darauf "ettliche Anfragen", so Bothe.

Gewalt an Frauen hat viele Gesichter

Gewalt an Frauen beschränke sich auch nicht nur auf Gewalt in der Partnerschaft oder physische Gewalt. Sie finde auch in allen kulturellen und gesellschaftlichen Gruppen statt. Dazu zähle genauso auch psychische Gewalt, beispielsweise Demütigungen, soziale Isolation, Verwehren von Geld und damit die Erzeugung von Abhängigkeiten - ebenso wie die Zwangsprostitution.

Hope e.V.: 90 Prozent in Zwangsprostitution

Um Frauen aus der Prostitution kümmert sich beispielsweise der Verein Hope e.V. aus dem Hohenlohekreis. Die erste Vorsitzende, Katja Ryzak, berichtet im SWR-Interview von schätzungsweise 200.000 bis 400.000 Frauen, die in Deutschland in der Prostitution arbeiten - dazu komme eine Dunkelziffer. 90 Prozent dieser Frauen arbeiten unter Zwang, so Ryzak. Dennoch sei das Thema Zwangsprostitution in der Gesellschaft kaum bekannt. Wird in den Medien von Prostitution berichtet, würden meist Frauen aus den 10 Prozent gezeigt, die ihre Arbeit freiwillig machen. "Dabei sieht die Realität ganz anders aus", erklärt die Sozialarbeiterin.

Ryzak plädiert für nordisches Modell

In ihrem Schutzhaus und in ambulanten Terminen versuchen Katja Ryzak und ihre Kolleginnen diesen Frauen zu helfen. Sie plädiert für das nordische Modell, das auf vier Säulen basiert: erstens, die Frauen werden nicht kriminalisiert. Stattdessen werden zweitens die Freier kriminalisiert - Sexarbeit zu kaufen wird also unter Strafe gestellt. Hinzu kommen die Säulen drei und vier: Unterstützung und Hilfsangebote beim Ausstieg sowie Präventivarbeit.

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Hilfe beim Ausstieg und Prävention

Letzteres bietet der Verein Hope e.V., denn der Ausstieg sei aufgrund psychischer Abhängigkeiten für die meisten Frauen in der Zwangsprostitution extrem schwer. Aufgeklärt wird beispielsweise an Schulen, zum Beispiel über die "Loverboy-Masche". Katja Ryzak erzählt, dass es sogar einen Fall einer 16-jährigen Schülerin gegeben habe, die daraufhin feststellen musste "mein Freund ist vielleicht ein Loverboy". Dem Mädchen ging ein Licht auf, ihr konnte geholfen werden.

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