HWK im Gespräch beim Betrieb Megerle (Foto: SWR)

Bausektor sieht "Ende der fetten Jahre"

Handwerkskammer: Baubranche blickt in eine düstere Zukunft

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AUTOR/IN
Peter Wedig

Die vergangenen Jahre seien in der Baubranche "bombastisch" gewesen, so der Chef einer Holzbaufirma. Damit ist jetzt Schluss. Laut Handwerkskammer steht eine ungewisse Zukunft bevor.

Die Handwerkskammer Heilbronn-Franken war zu Besuch in mehreren Betrieben in der Region. Präsident Ulrich Bopp und Hauptgeschäftsführer Ralf Schnörr wollten sich im persönlichen Gespräch ein Bild von der aktuellen wirtschaftlichen Lage machen: Wie stark sind die Unternehmen von den steigenden Preisen betroffen, wie sehen sie ihre Zukunft?

"Wir nennen den heutigen Besuchstag einen Krisenbesuchstag."

In Neuenstein (Hohenlohekreis) trifft die Kammerspitze Rick Megerle, Geschäftsführer der Firma Megerle Holzbau und Bedachungen. Auf den ersten Blick wirkt die Lage gar nicht so schlecht: Auf dem Firmengelände wird gebaut, es entsteht ein neuer Ausstellungsraum für die Kunden. Das Auftragsbuch ist noch bis März gefüllt. Man sei hier breit aufgestellt: Neubau, Anbau, Dachdeckung, Terrasssen, Carports und noch mehr.

Baustellen im Umkreis

In den Räumlichkeiten dürfe man als Holzbetrieb mit Altholz heizen. Die Baustellen liegen im Schnitt fünf bis zehn Kilometer entfernt, da fällt der Spritpreis nicht ins Gewicht. Die Lager für Tonziegel sind noch gefüllt und auch bereits bezahlt. Deswegen könne man noch arbeiten und hätte eine Preissicherheit bei laufenden Projekten.

Lange Lieferzeiten für Tonziegel

Und wenn das Lager leer ist? Dann sieht es ganz anders aus. Die Lieferzeiten für Tonziegel liegen bei drei bis vier Monaten, einige Hersteller haben angekündigt, im Januar eventuell die Produktion ganz zu stoppen. Will heute ein Kunde ein Angebot für ein neues Dach im Frühling, so bekommt er das nur unter Vorbehalt: Man müsse dann im Frühjahr aufs Neue kalkulieren, ob der Preis noch haltbar ist.

"Die Anfragen sind da, die Angebote reichlich geschrieben. Die Rückmeldungen jedoch sehr verhalten."

Dabei hatte sich gerade erst das Nachschubproblem beim Holz gelegt. Die Preise wären hier endlich wieder auf ein Niveau vor Corona gefallen. Zum Jahresanfang lagen die Preise hier noch über 200 Prozent über dem Normalwert.

Sanierung ja, Neubau nein

Präsident Ulrich Bopp kennt die Probleme aus eigener Erfahrung. Er ist Maurermeister und leitet ein eigenes Baugeschäft. Die Auftragslage an schlüsselfertigen Bauten für das nächste Jahr? Null, alles wurde storniert.

Stark gestiegene Preise bei Neubauprojekten

Im Neubaubereich überlegen es sich die Kunden zweimal, ob sie sich den Traum vom Haus tatsächlich leisten können. Man habe bei ihm im Betrieb mal zum Vergleich die Kostensteigerungen kalkuliert: Grundlage war ein Projekt, das 2021 abgeschlossen wurde und 410.000 Euro gekostet hatte. Würde man es jetzt umsetzen wollen, wären es glatte 520.000 Euro.

HWK im Gespräch beim Betrieb Megerle (Foto: SWR)
Von links: Rick Megerle, Ralf Schnörr, Ulrich Bopp

Besonders hart treffe es Betriebe, die im vergangenen Jahr Verträge mit festem Kostenrahmen abgeschlossen hätten. Diese würden mittlerweile versuchen, sich lieber für mehrere zehntausend Euro aus dem Vertrag herauszukaufen, statt an der Durchführung eines Projekts durch die Mehrkosten insolvent zu gehen. Und auch der Bauherr habe von so einem Vertrag nichts: Gehe die Firma während des Bauprojekts insolvent, bleibt ein halbfertiges Haus zurück.

Sanierungen und Modernisierungen

Der Schwerpunkt verlagert sich, es wird weiterhin saniert und modernisiert. Nur eben nicht mehr neu gebaut. Denn zu den höheren Kosten kommen auch die höheren Kreditzinsen. Gerade für Jüngere sei das nicht mehr zu stemmen. Der Tipp der Handwerkskammer, das Baugrundstück trotzdem mal zu halten, man wisse ja nicht, was in zwei Jahren sei, ist da nur ein kleiner Trost.

Höhere Kosten für weniger Qualität

Das Baumaterial sei teurer - aber gleichzeitig auch noch von schlechterer Qualität. Für die Handwerkskammer sind die Hersteller, gerade in der Beton-Branche, Mitverursacher der Krise. Man würde sich hier halbjährlich neue Vorwände ausdenken, um die Preise zu erhöhen, ohne das diese irgendwie gerechtfertigt seien, so der Vorwurf.

"Die Preise sind nicht realistisch, das sind Wucherpreise!."

Der Blick auf das Preisschild wird kommen

Ein Qualitätsabschwung wird sich z.B. bei Dächern bemerkbar machen: Wenn Tonziegel zu teuer sind, bleiben Betondachsteine als Alternative. Diese sind billiger, da sie weniger energieintensiv in der Produktion sind. Dafür sei die Regensicherheit geringer, so Megerle. Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich in Zukunft eine gewisse Preissensibilität einspiele und solche Alternativen auch dauerhaft interessant für Bauherren seien.

Sehr gute Konjunktur in Vorjahren

Zumindest ein - etwas - versöhnlicher Abschluss bleibt: Man müsse zugeben, die letzten Jahre wären bombastisch gewesen, so Megerle. Vollbeschäftigung und keinerlei Preiskampf. Da wäre ein gewisser Dämpfer irgendwann unausweichlich gewesen.

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Peter Wedig