Sexuelle Nötigung in der Schule (Symbolbild) (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Arno Burgi)

Bewährungsstrafe wegen Belästigung

Schülerin begrapscht: Lehrer darf trotz Verurteilung weiter unterrichten

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Bei einer Skiausfahrt hat ein Lehrer ein Mädchen begrapscht und im Unterricht seine Autorität ausgenutzt. Die Vorfälle waren ein "offenes Geheimnis". Der Mann unterrichtet weiterhin.

Das Amtsgericht Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) hat einen Lehrer wegen sexueller Belästigung und Nötigung zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und 5.000 Euro als Bewährungsauflage verurteilt. Der Mann unterrichtet immer noch an einer weiterführenden Schule und ist regional bekannt.

Lehrer in zwei Fällen verurteilt

2019 hatte der Lehrer einer Schülerin bei einer Skifreizeit auf den Po geschlagen. Das Mädchen war damals mit anderen Schülerinnen nur im Handtuch bekleidet auf dem Rückweg von der Dusche. Offenbar gab es keine andere Möglichkeit zurück zum Zimmer als am Lehrer vorbei.

Sexuelle Nötigung im besonders schweren Fall

In einem anderen Fall 2022 hatte der Lehrer ein Vertrauensspiel angeleitet. Dabei mussten sich jeweils drei Schülerinnen und Schüler gegenseitig aufeinandersetzen. Er selbst zog ein Mädchen auf seinen Schoß und setzte sich gleichzeitig bei einem anderen Mädchen auf den Schoß - eine sexuelle Belästigung, wie die Richterin ausführte.

Dazu kommt: Ein Schüler, dem das zuwider war, wollte nicht mitmachen. Der Lehrer soll daraufhin mit einer sechs gedroht haben. Das wertete das Gericht als Nötigung im besonders schweren Fall, da er als Amtsperson eine besondere Autorität gegenüber den Schülerinnen und Schülern habe.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Der Lehrer gilt als bekannt in der Region. Die Richterin merkte an, die Übergriffe des Mannes seien ein "offenes Geheimnis". Es hätte noch weitere Fälle gegeben, wie Zeugen berichteten. Schließlich erstatteten im vergangenen Sommer ein Lehrer und eine Lehrerin Anzeige.

Schülerinnen und Schüler hatten sich ihnen gegenüber geöffnet und beschwert. Das Urteil des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Schulamt und Regierungspräsidium hätten im normalen disziplinarischen Verfahren nicht reagiert.

Landrat Schauder ist schockiert

Der Träger der Schule ist der Main-Tauber-Kreis. Landrat Christoph Schauder zeigte sich schockiert über den Vorfall. Er begrüßt es, dass zwei Lehrkräfte den Mut gefunden hatten, Anzeige zu erstatten, teilte er dem SWR mit. Vom Land Baden-Württemberg als Dienstherr des verurteilten Lehrers fordert er, dass die notwendigen disziplinarrechtlichen Schritte eingeleitet und umgesetzt werden.

Kultusministerium äußert sich nicht zum Einzelfall

Die Persönlichkeitsrechte des Verurteilten seien zu wahren, deshalb würden zu diesem Einzelfall keine weiteren Angaben gemacht, teilt das Kultusministerium auf SWR-Anfrage mit. Generell sei aber das Urteil eines Strafgerichts für ein Disziplinarverfahren in der Regel bindend. Ein sexualisierter Übergriff stelle eine Dienstpflichtverletzung dar und könne mit einer Geldbuße über Entfernung aus dem Dienst bis hin zur Aberkennung des Ruhegehaltes geahndet werden.

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