Viehscheid am Hochgrat (Foto: SWR, Alfred Knödler)

Alphirte aus Leidenschaft

Willi Wetzel aus Waldburg beim Viehscheid im Allgäu

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Alfred Knödler
SWR-Redakteur Alfed Knödler Autor Bild (Foto: SWR, Leander Bauer)
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Hildegard Eichenhofer
Hildegard Eichenhofer SWR Autorin Bild (Foto: SWR, Leander Bauer)

Für Willi Wetzel bedeutet der Almabtrieb Freude und Wehmut. Der Alphirte aus Waldburg (Kreis Ravensburg) verbringt Sommer für Sommer auf den Hochweiden der Voralpen und versorgt mehrere Kuhherden.

Der Herbst naht, die Zeit der Almabtriebe oder der Viehscheide ist gekommen. Die Kühe und Rinder werden von ihren Sommerweiden ins Tal getrieben und wieder den Eigentümern übergeben. Für Alphirte Willi Wetzel aus Waldburg war es ein guter Sommer. Er hat keines der ihm anvertrauten Tiere verloren, darauf ist er stolz. Nun muss er die drei Herden von 1.200 Metern Höhe noch gut ins Tal bringen. Und dann heißt es Abschied nehmen.

Den ganzen Sommer hat Willi Wetzel allein auf der Alpe am Hochgrat verbracht. 70 Rinder, die meisten davon Jungtiere, haben die Landwirte der Weidegenossenschaft Lindau in seine Verantwortung gegeben. Nun muss der Alphirte gemeinsam mit seinen Helfern im strömenden Regen sein Vieh zusammenrufen.

Viehscheid am Hochgrat (Foto: SWR, Alfred Knödler)
Hirte und Helfer müssen die Herde teilweise auch über schwierige Stellen leiten.

In hohem Tempo ins Tal

Mit Zielstrebigkeit und Kondition treiben Willi Wetzel und seine zwölf Helfer die Rinder aus dem letzten Winkel des zerklüfteten Weidegebietes zusammen. Dann geht es im Laufschritt los, die Tiere beginnen zu rennen, ein oder zwei Helfer immer vorneweg. Wie eine Lawine wälzen sich die dicht aneinander gedrängten Tiere über Wiesen und mit Bändern abgesperrte Straßen talwärts. Wenn eines ausbricht, müssen Helfer es schnell wieder zurück auf den Weg treiben.

Viehscheid am Hochgrat (Foto: SWR, Alfred Knödler)
Die Fahrwege sind schon im Vorfeld mit Bändern abgesperrt worden, wenn es beim Abtrieb im Laufschritt Richtung Tal geht.

Seit 25 Jahren Hirte aus Leidenschaft

Der 57-jährige Oberschwabe ist Alphirte mit Leib und Seele. Jedes der ihm anvertrauten Tiere erkennt er sowohl am Schellenklang, am Gang als auch am Ruf. Am Vorabend des Viehscheids sind die Leitkühe der Almen, auf denen kein Tier verloren wurde, mit Kränzen aus Tannenzweigen und Bergblumen geschmückt worden. Den Kopfschmuck ziert ein Spiegel, der nach altem Brauch böse Geister fernhalten soll.

Viehscheid am Hochgrat (Foto: SWR, Alfred Knödler)
Leitkühe der Almen, auf denen im Sommer kein Tier verloren wurde, werden geschmückt.

Unten an der Talstation der Hochgratbahn angekommen, werden die Tiere wieder voneinander getrennt und den Eigentümern übergeben. Alphirte Wetzel ist froh, dass wieder einmal alles gutgegangen ist.

Mir fällt ein riesen Stein vom Herzen, dass alle wieder unten sind. War ganz schön zäh wieder.

Willi Wetzel freut sich über die erfolgreiche Saison. Alle Tiere sind gut genährt, darauf ist er stolz. Und auch in diesem Jahr werden die Eigentümer der Kühe und des Jungviehs wieder mit seiner Arbeit zufrieden sein. Für den leidenschaftlichen Alphirten ist der Abschied von der Alpe und von der Herde trotz der vielen Arbeit über den Sommer auch mit Wehmut verbunden.

Man wird da schon mal ein bisschen schwermütig. Aber sie kommen ja im nächsten Jahr wieder.

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