Innenansicht des Unverpackt-Ladens "Füllstation" (Foto: SWR, Johannes Riedel)

170 Mitglieder für Müllvermeidung

Ein Verein rettet Biberacher Unverpackt-Laden

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Johannes Riedel
SWR-Redakteur Johannes Riedel Autor Bild (Foto: SWR)
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H. Eichenhofer

Der Verein Füllstation hat den gleichnamigen Unverpackt-Laden in Biberach Ende vergangenen Jahres übernommen. Rund 170 Mitglieder sichern den Betrieb.

Seit rund zwei Monaten führt der Verein den Unverpackt-Laden. Seine 170 Mitglieder können rund um die Uhr einkaufen. Für Nichtmitglieder ist die Füllstation in Biberach am Samstagvormittag geöffnet. Die Kundschaft hat Rucksäcke, Einkaufskörbe oder Taschen dabei. Darin sind Gläser, Dosen, Flaschen oder Beutel – alles für den Einkauf von Unverpacktem. Die Auswahl ist groß: Nudeln, Müsli, Kaffee, Mehl, Trocken- und Hülsenfrüchte, Gewürze oder Reinigungsmittel zum Abfüllen. Kundinnen und Betreiber haben ein Ziel: Sie wollen möglichst regionale Produkte in Bio-Qualität ohne Verpackungsmüll.

Biberacher Verein nimmt 40.000 Euro auf

Vor vier Jahren hatte Michaela Heizmann (43) den Laden am Rande der Biberacher Altstadt eröffnet. Nach drei Jahren wollte die gelernte Industriekauffrau ihn schließen - es rechnete sich nicht mehr. Aus dem Kreis ihrer Kunden bildete sich ein Verein, der den etwa 50 Quadratmeter großen Laden samt kleiner Küche und Lagerraum Ende vergangenen Jahres übernahm. Etwa 40.000 Euro nahm der Verein in die Hand, löste Waren und Einrichtung ab, installierte ein neues Türsystem und schaffte ein auch für Laien leicht bedienbares Kassensystem an.

Vorstände mit Vorbesitzerin (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Die Vereinsvorsitzenden Martin Tetzel und Dunja Rieber mit Vorbesitzerin Michaela Heizmann (Mitte) Bild in Detailansicht öffnen
Vereinsmitglieder im Laden (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Vereinsmitglieder öffnen den Laden am Samstagvormittag Bild in Detailansicht öffnen
Behälter müssen gewogen werden (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Die mitgebrachten Behältnisse müssen gewogen werden Bild in Detailansicht öffnen
Nudeln in Behältern (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Auch Nudeln gibt es offen zu kaufen Bild in Detailansicht öffnen
Mitgliederpreise (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Vereinsmitglieder zahlen weniger Bild in Detailansicht öffnen
Das Kassensystem (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Das neue Kassensystem ist auch für Laien einfach zu bedienen Bild in Detailansicht öffnen
Der Lagerraum (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Die Waren lagern in einem kleinen Nebenraum Bild in Detailansicht öffnen
Außenansicht Füllstation (Foto: SWR, Johannes Riedel)
Der Unverpackt-Laden "Füllstation" in Biberach Bild in Detailansicht öffnen

Unverpackt-Verein wächst

Die Zahl von 39 Gründungsmitgliedern hat sich mittlerweile mehr als vervierfacht. Das Prinzip ist einfach und erfolgreich: Vereinsbeiträge sichern die Grundlast für Miete, Warenwirtschaft und laufende Kosten. Mitglieder können dank neuem Türsystem und einem Chip jederzeit in den Laden und einkaufen. Dabei zahlen sie einen etwas günstigeren Preis für die Produkte als Nichtmitglieder. Diese können nur zur Öffnungszeit am Samstagvormittag einkaufen, wenn die Vereinsmitglieder den Laden für alle öffnen.

Hilfe für Neulinge im Verein der Füllstation

Vorbesitzerin Michaela Heizmann ist im Beirat des Vereins. Auch sie packt im Ehrenamt weiter in der Füllstation mit an – hauptberuflich ist sie mittlerweile im Einkauf bei einem Wohnmobilhersteller tätig. Mit ihrem Know-how unterstützt sie die anderen Vereinsmitglieder. "Es ist überwältigend und schön zu sehen, was möglich ist, wenn so viele zusammenarbeiten", freut sie sich über die neue Konstellation, die ihr Erbe in die Zukunft führt.

Es ist überwältigend und schön zu sehen, was möglich ist, wenn so viele zusammenarbeiten.

Laden brummt am Samstagmorgen

Vereinsvorstand Martin Tetzel, im Hauptberuf Personalreferent, und seine Vertreterin Dunja Rieber, Arbeitsjuristin, verfolgen das Geschehen zur Öffnungszeit am Samstagmorgen sichtlich zufrieden vom kleinen Kaffeetisch am Ladenfenster aus: Junge Familien kommen genauso wie Seniorinnen und Senioren. Und eine Handvoll Vereinsmitglieder wuseln durch den Laden, füllen Waren auf, beraten die Kundschaft und kassieren.

Zupacken als Vereinsmotto der Füllstation

"Alle sind so unterschiedlich und freuen sich darüber, zusammenzukommen und einem Ziel zu dienen. Und weil das Ziel über allem steht, kann sich jeder auch wieder im richtigen Moment zurücknehmen", sagt Rieber. Jeder mache das, was er sich zutraue: Putzen, Lagerhaltung, Verkauf oder Lieferungen unter der Woche annehmen.

Wir kommen am Ende des Monats tatsächlich mit einem Plus raus.

Lohnendes Engagement im Unverpackt-Laden

Natürlich ist die Verantwortung für einen Lebensmittelladen neu für sie. Der unbedingte Wunsch, den Unverpackt-Laden Füllstation in Biberach zu erhalten, habe sie dorthin gebracht. Die Vereinsgründung sei aufwendig gewesen und habe sich über mehrere Monate hingezogen. Jetzt, wo ihre Füllstation etwa zwei Monate im regulären Betrieb ist, zeichne sich ab, dass die Mischkalkulation von Mitgliedsbeiträgen und Margen sich rechne, zieht Martin Tetzel Zwischenbilanz: "Wir kommen tatsächlich am Ende des Monats mit einem Plus raus." So könnten die Kredite des Vereins abbezahlt werden und in Zukunft vielleicht auch die allgemeine Öffnungszeit ausgedehnt werden.

Weil das Ziel über allem steht, kann sich jeder auch wieder im richtigen Moment zurücknehmen.

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