Die Bootsbranche kam sehr gut durch die Pandemie. Mit Blick auf die kommenden Monate ist die Stimmung bei Branchenvertretern eher schlecht. Nur noch knapp 40 Prozent der rund 450 Betriebe im Bundesverband Wassersportwirtschaft bewerten die Geschäftslage derzeit besser als vor einem Jahr, sagte Verbandschef Karsten Stahlhut. Grund seien Lieferengpässe, Preissteigerungen und eine stagnierende Nachfrage bei kleineren Booten. Gerade Familien seien zurückhaltend, weil sie abwarten, ob mit den steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel noch Geld übrig bleibe für ein Einsteiger-Segelboot.
SWR-Reporterin Karin Wehrheim berichtet über das Branchengespräch auf der Messe "Interboot":
Weiterhin hohe Nachfrage nach Luxusyachten
Bei Luxusyachten sei die Nachfrage hingegen ungebrochen, hieß es auf der "Interboot" in Friedrichshafen (Bodenseekreis). Die Hersteller haben teilweise zwei bis drei Jahre Lieferzeit. Nach wie vor hoch ist laut Stahlhut auch das Interesse an Bootsführerscheinen in Deutschland. Das sei ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft. In Deutschland sind rund 480.000 Segel- und Motorboote registriert, davon gut 60.000 am Bodensee.
Am Bodensee sind freie Liegeplätze nach wie vor fast nirgendwo zu haben. Das ist mit dem Corona-Lockdown nicht besser, sondern eher noch schwieriger geworden. Denn Wassersport boomt, wenn die Menschen nicht ins Ausland reisen können oder wollen. Jetzt, da die Corona-Pandemie vorüber zu sein scheint und Reisen ins Ausland wieder möglich sind, könnte der Boom vorbei sein. In den vergangenen zwei Jahren habe im Prinzip alles, was in Deutschland an Booten auf dem Wasser schwimmen konnte, sofort einen Käufer gefunden, sagte der Chef des Bundesverbands Wassersportwirtschaft, Karsten Stahlhut.
Familien scheuen Investitionen in Boote
Seit einigen Monaten seien vor allem Familien zurückhaltend, so Stahlhut. Das sind bisher diejenigen, die Einsteigerboote kaufen, also kleinere Segel- und Motorboote für 20.000 bis 40.000 Euro. Da sei ein Einbruch zu verzeichnen.
In dem Segment der größeren Boote sehe das anders aus. Bei Luxusyachten müsse ein Käufer im Moment zwei bis drei Jahre warten, bis er mit seinem Boot tatsächlich ablegen könne, bestätigten mehrere Bootshändler beim Branchengespräch auf der "Interboot". Der Grund sind pandemie- und kriegsbedingte Lieferprobleme bei nahezu allem: von Motoren über Kabelbäume bis zu Winschen, Klampen und Beschlägen. Und die Preise steigen - um bis zu 30 Prozent seit Corona. Sonja Meichle, Geschäftsführerin der größten Marina am Bodensee, Ultramarin in Kressbronn-Gohren, musste in ihrem Wassersport-Fachmarkt seit Jahresbeginn bereits neunmal die Preise neu auszeichnen, weil die Lieferanten erhöht hatten.
Elektromotoren im Wassersport im Trend
Der Trend zu nachhaltigem Wassersport mit Elektromotoren war auch ein Thema beim Branchengespräch. Allerdings gaben Bootshändler zu bedenken, dass E-Motoren bisher nur bei kleineren Yachten und Motorbooten sinnvoll seien, weil die Leistung für schwere Yachten bei viel Wind oder Wellen nicht ausreiche. Immer mehr Elektroantriebe am Bodensee, das bedeute auch für die Hafenbetreiber eine neue Aufgabe, erklärte Sonja Meichle:
Dabei ginge es weniger um kleine Elektroantriebe am Segelboot, sondern darum, wie Boote mit großen Ladebänken oder ein vollelektrisches Motorboot überhaupt geladen werden können. Laut Meichle fehlen die Stege, die die richtige Absicherung und Ladekapazität haben. Dennoch sei die zu Ende gehende Wassersportsaison auf dem Bodensee traumhaft gewesen:
Die Wassersportmesse "Interboot" ist noch bis Sonntag in Friedrichshafen geöffnet.