Ein toter Fisch liegt auf Steinen im flachen Wasser. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Patrick Pleul (Symbolbild))

Hitzewelle im Land

Zu warme Gewässer machen Fischen in Baden-Württemberg zu schaffen

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Anne Jethon

Die Hitzeperiode der vergangenen Wochen hat die Gewässer im Land aufgeheizt. Die Wasserqualität bleibt gut - doch die Fischwelt leidet. Das kann getan werden.

In vielen Gewässern Baden-Württembergs werden Fische derzeit krank oder sterben. Der Grund: In den vergangenen Wochen waren Flüsse und Seen durch die Hitzewelle im Land nicht nur teils ausgetrocknet, sondern auch wärmer als im Durchschnitt.

Gewässer: Temperaturen über dem Durchschnitt

Auch im Bodensee war die Wassertemperatur diesen Sommer überdurchschnittlich hoch. Anfang August haben Experten auf der Oberfläche in der Seemitte des Obersees 24,2 Grad Celsius gemessen - am 15. August waren es 22,8 Grad. Das schreibt die Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg (LUBW) auf SWR-Anfrage. Damit sind die hohen Messwerte aus dem Hitzesommer 2003 oder 2018 laut LUBW aber noch nicht erreicht. Im langjährigen Vergleich sei die Wassertemperatur im Bodensee dennoch recht hoch.

Auch in vielen Flüssen im Land liegt die Wassertemperatur momentan immer noch über dem Durchschnitt. "Die Wassertemperatur an den Messstationen Karlsruhe Rhein und Mannheim Neckar erreicht in den letzten Tagen gegen Abend maximal 24 Grad", schreibt das LUBW. Das sei immer noch über dem Durchschnitt (22 Grad in dieser Jahreszeit), sei aber deutlich niedriger als Ende Juli und Anfang August.

Sonne und kein Ende, brennende Wälder, sinkende Wasserpegel, dazu die hohen Temperaturen. Deutschland erlebt einen Dürre-Sommer wie selten zuvor. Wie können wir uns und unsere Natur schützen? Bei SWR2 am 4.8.2022 haben Expertinnen und Experten aus der Forstwirtschaft, Meteorologie und Gewässerökologie über das Thema diskutiert.

Weniger Sauerstoff, keine Ausweichmöglichkeiten

Warmes Wasser bringt für Fische gleich mehrere Probleme mit sich. "Grundsätzlich löst sich weniger Sauerstoff in wärmerem Wasser im Vergleich zu kälterem Wasser", schreibt das Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Heißt: Ist das Wasser zu warm, haben die Fische zu wenig Sauerstoff.

Außerdem seien Fische wechselwarme Tiere. Das heißt, dass sie ihre Körpertemperatur nicht regulieren können. Sie sind also immer so warm, wie das Umgebungswasser ist. Heimische Fische seien oft an kältere Wassertemperaturen angepasst. Bei zu warmem Wasser kommen die Tiere in "Temperaturstress", so das Ministerium. Fische könnten zudem anders als Tiere, die auf dem Land leben, nicht vor zu warmem Wasser fliehen.

Kaltwassereintritte sollen helfen

Was kann also in Zukunft für Forelle und Co. getan werden? Das hängt stark vom Einzelfall ab, sagt das Ministerium. In Seen seien "nächtliche Belüftungsmaßnahmen" möglich. Außerdem könne man Kaltwassereintritte bauen. Das bedeutet, dass das Gewässerbett ausgebaggert wird, oder Zuflüsse zu kälteren Flüssen oder Bächen ermöglicht werden. Zudem könne man bestimmte Stellen beschatten.

Ingo Kramer vom Landesfischereiverband rät zudem, Kaltwasserpools in den trocken fallenden Gewässern anzulegen. Dort sollten tiefe Stellen geschaffen werden, damit sich das Wasser sammeln und womöglich Grundwasser nachströmen kann. So würden Lebensräume für die Fische gebildet - sowohl bei Trockenheit, als auch bei Hitze.

In Freiburg wurde das schon getan. Mitte August haben Zuständige in der Dreisam einen Kaltwasserpool ausgebaggert. Er ist bis zu zwei Meter tief und soll als Rückzugsort für Fische dienen. Während in der Dreisam Mitte August 27 Grad gemessen wurden, lag die Temperatur in der Vertiefung bei 22 Grad. Der Grund für den Temperaturunterschied sei auch der kalte Zufluss eines Baches, so der Bezirksreferent des Landesfischereiverbands Baden-Württemberg. Es werde geprüft, ob weitere Kaltwasserbereiche in der Dreisam ausgebaggert werden können.

Freiburg

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Auswirkungen des Klimawandels auf viele Fischarten

Wird nichts getan, können die Folgen für viele Fischarten tödlich sein. Erst vor Kurzem haben Menschen im Bodensee bei Konstanz zahlreiche tote Aale entdeckt. Laut dem baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium lagen die Tiere im Hafenbereich des Fährhafens im Teilort Staad und an der Seepromenade. Die Ursache ist laut Ministerium unklar. Aber: in den Hitzesommern 2003 und 2018 habe es bereits ein Aalsterben gegeben. Man könne auch bei der aktuellen Situation von einer solchen Ursache ausgehen.

Aber nicht nur Aale sind betroffen. Vor allem kälteangepasste Fische wie Forellen oder Äschen seien bei warmem Wasser besonders gefährdet, schreibt das Ministerium für Ländlichen Raum. Im Bodensee seien beispielsweise die Trüsche oder Quappe betroffen.

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Die Fischereiforschungsstelle in Langenargen (Bodenseekreis) hat untersucht, wie der Klimawandel sich auf diese Fische auswirken könnte. Laut der Studie könnte zum Beispiel der Bachforelle bis Ende des Jahrhunderts über 90 Prozent ihres Lebensraums verloren gehen. Vorkommen würde die Bachforelle dann nur noch in Höhenlagen der Mittelgebirge und des Alpenvorlands. Ähnlich sieht es bei der bereits heute schon stark gefährdeten Äsche aus, sie sei dann vermutlich gar nicht mehr in baden-württembergischen Gewässern zu finden.

Generalisten, also Fische, die mit unterschiedlichen Lebensbedingungen zurechtkommen, profitieren dagegen vom Klimawandel. Rotaugen oder Flussbarsche könnten sich weiter ausbreiten. 

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