Eine Frau hält einen Organspendeausweis in ihren Händen. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt)

Nach Volksentscheid in der Schweiz

Widerspruchslösung: BW-Gesundheitsminister Lucha fordert Änderung der Organspende-Regel

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In Deutschland muss man für eine Organspende bislang zu Lebzeiten aktiv seine Zustimmung geben. Nach Ansicht des baden-württembergischen Gesundheitsministers sollte sich das ändern.

Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sieht die niedrige Zahl von Organspenderinnen und Organspendern mit Sorge und fordert einen radikalen Schwenk bei den dafür geltenden Regeln wie in der Schweiz.

"Die Schweizerinnen und Schweizer haben sich bei einer Volksabstimmung Mitte Mai aus sehr guten Gründen für diese Widerspruchslösung ausgesprochen", sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Stuttgart. Das Votum in der Schweiz von Mitte Mai sei ein "solidarischer Schulterschluss mit allen Patientinnen und Patienten, die dringend auf eine lebensverlängernde Organspende warten". Für diese Menschen wolle er erneut eine bundespolitische Debatte für eine Reform anstoßen.

Schweiz hat Widerspruchslösung eingeführt

Bislang galt in der Schweiz wie in Deutschland statt der Widerspruchs- die Zustimmungslösung: Organe dürfen demnach nur Menschen entnommen werden, die sich dazu bereit erklärt haben, etwa mit einem Organspendeausweis oder einem Eintrag in einem Online-Register.

Das Register, das mit Verzögerung Ende des Jahres in Deutschland starten soll, ist ein Kernelement einer Reform, die der Bundestag 2020 nach längerer Debatte beschlossen hatte. Die Widerspruchslösung sieht dagegen vor, dass grundsätzlich jeder als Organspenderin oder Organspender infrage kommt, es sei denn, man widerspricht zu Lebzeiten ausdrücklich.

Lucha bekommt Unterstützung

Unterstützung erhält Lucha aus der Opposition. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Florian Wahl, sagte, er setze darauf, dass Lucha bei seinen Parteifreunden von den Grünen für die Widerspruchslösung werbe. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Organspende neu regeln. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte er, weil es zu wenig Organspenderinnen und -spender gebe, solle seiner Ansicht nach künftig jeder Organspender sein - außer er widerspreche aktiv.

Über 1.000 Menschen in BW warten auf eine Organspende

Ende April 2022 standen laut Ministerium 1.046 Menschen aus Baden-Württemberg auf der Warteliste für eine Organspende. Die Zahl der Organe, die zur Verfügung stünde, sinke aber dramatisch. Im ersten Quartal des Jahres wurden demnach in Deutschland 750 Organe von 239 Menschen transplantiert. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 1.004 Organe von 324 Spenderinnen und Spendern.

In Baden-Württemberg seien die Zahlen dagegen leicht gestiegen. Hier gab es von Januar bis April 40 Organspender (Vorjahr: 34 Spender). 120 Organe wurden in den ersten vier Monaten des Jahres entnommen (Vorjahr: 110).

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SWR