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Zielscheibe GPS – Angriffe auf Satellitenkommunikation

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Michael Hänel
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Ulrike Barwanietz
Candy Sauer

Angriffe auf GPS geschehen täglich. Mit verheerenden Folgen für Seeverkehr und Welthandel. Dabei ist das sogenannte GPS-Spoofing auch Teil der elektronischen Kriegführung.

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GPS-Spoofing: ein Satellitensignal bewusst fälschen

Wenn ein Satellitensignal bewusst gefälscht wird, sprechen Fachleute von GPS-Spoofing. Und allein fast 10.000 nachgewiesene GPS Spoofing -Angriffe zählen amerikanische Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen für die Jahre 2017 bis 2019.

Messfahrten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt auf einem Containerschiff von Europa nach Korea und China bestätigen: Neben Russland sind auch die Küsten Chinas, die Ostküsten des Mittelmeers und größeren Häfen in Asien sind betroffen.

Das lässt sich sogar von der Internationalen Raumstation (ISS) aus nachweisen. Ein dort befindlicher Sensor ist in der Lage, Störungen in den GPS-Funkfrequenzen rund um den Globus zu erkennen. Dieser sogenannte FOTON-Sensor wurde im Februar 2017 an der ISS angebracht, um Störungen der Satellitennavigation durch Einflüsse der oberen Erdatmosphäre zu erforschen. Dafür scannt das Messgerät die betreffenden Regionen.

Wie funktioniert GPS-Spoofing?

Beim Spoofing bedienen sich die Angreifer starker Funksender am Boden, die dem originalen GPS-Signal täuschend ähnliche Signale senden. Viele Empfänger, auch die auf Handelsschiffen, sind derzeit nicht in der Lage, ein gefälschtes von einem echtem Signal zu unterscheiden.

Eine große Unbekannte ist dabei China. Amerikanische Umwelt- und Bürgerrechtsorganisationen berichten von GPS-Spoofing-Aktionen in chinesischen Häfen im Jahr 2019. Die Folge: Die Häfen waren zeitweilig „unsichtbar“ für Kontrolle von außen, nicht nur für die direkte Satellitennavigation.

Störungen auch beim automatischen Identifikationssystem für die Schifffahrt

AIS heißt ein weltweit verwendetes automatisches Identifikationssystem zur Verfolgung der Schifffahrt. Schiffe senden im Sekundentakt über AIS Daten u.a. über ihre Position und Geschwindigkeit. Damit können die Reedereien ihr Flottenmanagement organisieren. Es dient auch der automatischen Warnung vor Kollisionen und kann über das Internet durch internationale Umweltinitiativen genutzt werden, um den Schiffsverkehr zu beobachten. Auch dieses System war 2019 immer wieder gestört.

Welches Interesse hat China an einer Störung des Schiffsverkehrs?

Bürgerrechtler vermuten illegale iranische Öltransporte nach China. China und Iran haben eine langfristige Wirtschaftspartnerschaft. Eventuell auch eine geheime Sicherheitspartnerschaft. Nach Aussage der Bürgerrechtsorganisation Sky Truth wird im Hafen Shanghai wiederholt das AIS, das System zur Erkennung von Schiffen, gestört. Es ist zeitweilig unmöglich zu ermitteln, welche Schiffe gerade ankommen und gelöscht werden.

Öltanker im Hafen von Nantong: Deutsche Firmen sind auf der Rangliste der Schiffseigner weit oben, nur Griechenland, Japan und China besitzen mehr Schiffe.  (Foto: IMAGO, IMAGO / VCG)
Öltanker im Hafen von Nantong: Deutsche Firmen sind auf der Rangliste der Schiffseigner weit oben, nur Griechenland, Japan und China besitzen mehr Schiffe.

Die Krux des GPS-Systems liegt darin, dass die zivile Nutzung der Satellitennavigation ein offenes System benötigt. Und das ist angreifbar. Denn GPS ist eine Einbahnstraße: Die Navigationssatelliten senden Signale, empfangen aber keine. Damit gibt es keinen Rückkanal, der sicherstellt, dass beim Empfänger auch wirklich das richtige Signal von den Satelliten ankommt. Künftig werden Anwendungen wie das Internet der Dinge und autonomes Fahren davon abhängen.

Resolution gegen GPS-Fälschungen

Mehr als 50.000 Handelsschiffe gibt es weltweit. Davon 5.000 Containerschiffe und 7.000 Rohöltanker. Diese mit einer neuen Technik auszustatten, die Cyberangriffe verhindern könnte, wäre die Aufgabe der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO mit Sitz in London. Sie wurde geschaffen, um die Sicherheit der Seefahrt sicherzustellen. Am 1. Januar 2021 trat vonseiten der IMO eine Resolution gegen Cyber-Bedrohungen in Kraft.

Darin werden Reedereien gebeten, die Cyber-Risiken hinsichtlich ihrer Betriebsabläufe an Land und an Bord zu identifizieren und zu bewerten. Basierend auf der Risikobewertung sind geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, so die Resolution. Doch dies dürfte kaum reichen, um tatsächlich aggressive GPS-Fälschungen von China, Russland und Iran und damit die andauernden Gefahren für die Sicherheit der Schifffahrt zu beenden.

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