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Die Taube – Ein Vogel polarisiert

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Paula Kersten
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Christian Burg
Candy Sauer

Stadttauben werden als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet und oft als störende Eindringlinge in Städten wahrgenommen. In zu großer Zahl werden sie zu einem echten Problem.

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Tauben: Problem für Kulturdenkmäler und Hausbesitzer

Die Taube – ein Friedenssymbol und gleichzeitig als "Ratte der Lüfte" bei vielen verhasst. Ihre Hinterlassenschaften sind ein Problem für Kulturdenkmäler oder ein Ärgernis für Hausbesitzer. Tauben werden mitunter angezündet, vergiftet, vor den Zug getreten. Gleichzeitig war die Stadttaube dank ihrer großen Fangemeinde Finalistin bei der Wahl zum Vogel des Jahres 2021.

Die Taube polarisiert. Dabei kann sie wenig dafür, dass sie uns so sehr auf die Pelle rückt – nahezu alle Eigenschaften hat der Mensch ihr angezüchtet.

„Der Bahnhof, das ist so der klassische Ort, an dem eigentlich jede Stadt ein Taubenproblem hat.“

Alexandra Weyrather ist Biologin und Stadttaubenmanagerin der Stadt Wiesbaden. Stellen wie ihre gibt es nur sehr wenige in Deutschland. Beschwerden über Tauben landen bei ihr und es ist ihre Aufgabe, das Zusammenleben von Mensch und Taube im städtischen Raum für beide Parteien so angenehm wie möglich zu gestalten. Im Bahnhof wurde alles getan, um die Tauben fernzuhalten: Jeder Vorsprung, jede Kante ist mit kurzen Metallstäben versehen. Doch die Tauben sind trotzdem noch da.

Was tun, wenn die Zahl der Tauben überhandnimmt?

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es keine gute Idee ist, die Tauben einfach zu töten. Jungtauben nehmen schnell den Platz ein. Letztlich verjüngt der Bestand nur, aber die Zahl der Tauben wird nicht weniger.

In Deutschland ist das sogenannte Augsburger Modell weit verbreitet. Es werden betreute Taubenschläge in der Stadt aufgestellt, in denen die Tauben gefüttert und die Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden. Das Stadttauben-Projekt Stuttgart ist nach dem Augsburger Modell aufgebaut und besteht seit zwölf Jahren. Inzwischen gibt es zwölf Taubenschläge in der Stadt.

Die städtischen Taubenschläge in Augsburg bestehen aus Regalfächern an den Wänden. Hier werden die Tauben gefüttert und ihre Hinterlassenschaften regelmäßig entfernt. So häuft sich kein Kot an.  (Foto: IMAGO, IMAGO / HRSchulz)
Die städtischen Taubenschläge in Augsburg bestehen aus Regalfächern an den Wänden. Hier werden die Tauben gefüttert und ihre Hinterlassenschaften regelmäßig entfernt. So häuft sich kein Kot an.

Die Tauben werden jeden Tag gefüttert. Jeden Tag wird der Kot aus den Taubenhäusern entfernt und es werden die Eier ausgetauscht. Die Stadt Stuttgart unterstützt das Projekt finanziell. Die meiste Arbeit machen Ehrenamtliche.

Betreute Taubenschläge nicht zielführend

Der Schweizer Taubenforscher Daniel Haag-Wackernagel sieht das Augsburger Modell kritisch. Die Entnahme der Eier erzeuge Brutstress und es sei nicht zielführend, die Tauben zu füttern.

"Es gibt einige Untersuchungen, die zeigen, dass auch Tauben von draußen kommen, sich in den Schlägen vollfressen und dann außerhalb brüten und die Populationen massiv zunehmen. Es ist keine Möglichkeit, die Population zu senken. Es ist aber sicher eine gute Möglichkeit, die Tauben in der Stadt anständig zu halten", sagt Daniel Haag-Wackernagel.

Weniger Nachkommen durch weniger Futter

Daniel Haag-Wackernagel plädiert für ein Alternativmodell. Er hat 2016 die „Basler Taubenaktion“ ins Leben gerufen. Die Grundannahme: Eine geringere Nahrungsgrundlage führt zu einer Verringerung der Population. Nicht, weil die Tauben verhungern, sondern weil sie weniger Nachkommen zeugen, wenn es weniger zu essen gibt. Außerdem werden Schläge gebaut, in denen aber nicht gefüttert wird.

Stadttaube füttert ihre beiden Küken im Nest auf einem Fensterbrett (Foto: IMAGO, IMAGO / Ernst Wukits)
Durch ein Fütterungsverbot und keinen Fütterungen im Taubenschlag soll die Nahrungsmenge für Tauben verringert werden. Ein geringeres Nahrungsangebot bedeutet dann auch weniger Küken.

Eine große Aufklärungskampagne sollte die Bevölkerung vom Füttern abhalten. Das Projekt war zunächst sehr erfolgreich, aber das Fütterungsverbot in Basel wird oft ignoriert, so Daniel Haag-Wackernagel.

"Das zeigt, dass es außerordentlich schwierig ist, die Bestände runterzubringen. Das ist ein fast nicht lösbares Problem. Ich kenne keine Stadt, die da jetzt eine Ideallösung hätte."

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