Medien-Tipp

Masterclass über Kreutzers Violin-Etüden: Mit Tutorials zur Virtuosität

Stand
AUTOR/IN
Valentin Stötzer
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Wer Geige spielen lernt und sich auf anspruchsvolle Violinliteratur vorbereiten möchte, kommt an den Etüden des Violinvirtuosen Rodolphe Kreutzer nicht vorbei. Der Henle-Verlag hat nun begleitend zu seiner neuen Urtextausgabe der Etüden eine Reihe Video-Tutorials veröffentlicht. Sie sind kostenpflichtig auf der Verlagsplattform anzusehen. Die 22jährige Mannheimer Studentin und Hobbygeigerin Helena Sophie Morio hat ausprobiert, wie man sie mit den Tutorials üben kann.

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Ein Online-Lehrer mit Elan für die Kreutzer-Etüden.

„Détaché im Forte, und etwas spiccato im Piano.“ – Der Geiger Ingolf Turban ist heute Helenas Online-Lehrer. Ich merke, dass für ihn das nicht nur Finger- und Bogenübungen sind, er spielt die Kreutzer-Etüden lebendig und mit Freude. Bei ihm klingen die Etüden leichter als sie sind. Er habe eine sehr interessante Wortwahl, meint Helena. „Er versucht sich sehr bildlich auszudrücken, nimmt einen auch immer wieder mit. Es bleibt auf jeden Fall spannend, finde ich.“

Beim Geigespielen ist der rechte Arm für den Klang des Tons verantwortlich. Gerade, wenn der Bogen die gestrichene Saite wechselt, ist es schwierig, den Klang nicht abreißen zu lassen. Das lässt sich mit Kreutzers Etüde Nummer 8 üben und Ingolf Turban zeigt uns im Video, wie Hand und Ellbogen zusammenspielen können.

„Und merken Sie eine Tendenz?“, fragt Ingolf Turban im Online-Video. „Der Ellbogen möge immer etwas vorauseilen, während die rechte Hand in der Gegenwart ist, so als wäre der Ellbogen schon ein bisschen in der Zukunft, so zwei, drei Sechzehntel voraus, damit nie alle Teile des Bogenarms gleichzeitig alles machen.“

Rodolphe Kreutzer (Foto: IMAGO, piemags)
Rodolphe Kreutzer war einer der bedeutendsten Violinisten im Europa des frühen 19. Jahrhunderts. Beethoven widmete ihm ehrfürchtig seine 9. Violinsonate, die Kreutzer-Sonate. Doch Kreutzer spielte sie nie öffentlich. Er betrachtete sie als eine einzige Tortur für das Instrument.

Jede Etüde soll eine bestimmte Geigentechnik trainieren

„Eintaktig gebunden“ ist nur eine Möglichkeit, den Notentext zu spielen. Der Notentext einer Etüde kann mit verschiedenen Patterns an Betonungen, Dynamik oder Strichart gespielt werden. Die Idee der Etüden ist, dass jede Etüde ein bestimmtes Thema der Geigentechnik adressiert.

In einem Tutorial zu einer anderen Etüde geht es um die linke Hand. Alternativ zu den Fingersätzen von Rudophe Kreutzer, sind in der Henle-Ausgabe Fingersätze von Ingolf Turban in Grau gedruckt. Helena und ich sehen Noten eingeblendet, wenn Turban etwas vorspielt.

Unser Meister hat die neue Henle-Urtextausgabe von 2019 auf dem Notenständer, an der er selbst mitgearbeitet und selbst Anmerkungen beigesteuert hat. In Helenas älterer Peters-Ausgabe steht das nicht und die Etüden haben zum Teil andere Nummern. „Das ist bitte das Schema der linken Hand“, erklärt die Videostimme. „Nur dann kann der Bogen sozusagen ölig genug über die Saiten gehen und niemals eckige Saitenwechsel.“

Lohnenswerte Investition für Geigenschülerinnen und -schüler

Die Zahlen über den Noten geben an, mit welchem Finger der linken Hand ein Ton gespielt wird. Dadurch ergeben sich Griffmuster und Lagenwechsel, die Kreutzer im Jahr 1806 für übenswert befunden hat. „Das ist ein bisschen so ein vorsintflutlicher Jahrhundertwendenfingersatz“, befindet der Online-Lehrer. „Typisch virtuos und Kreutzer war ja nun ein absoluter Virtuose um diese Zeit.“

Jedes der 21 Videos kostet zwischen drei und vier Euro. Ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, wie wir finden. Auch Helena ist überzeugt: „Also dadurch, dass man an Etüden gut und gerne mal zwei Monate sitzt, wenn man alle Variationen machen möchte oder viele Variationen, dadurch hat man sehr lange was davon.“

Wir finden, dass die Henle-Masterclasses eine gute Ergänzung zum Geigenunterricht oder sogar zum Musikstudium sind. Das einzige Manko, das wir sehen: Das Videoplayer lässt sich bei uns nicht mit der Tastatur steuern. Pausieren und skippen wäre für uns mit der Tastatur angenehmer gewesen als mit der Maus. Insgesamt können wir aber die Masterclass weiterempfehlen.

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Valentin Stötzer
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad