Ein fruchtbares Dreigestirn
Wer Musik studiert, kennt diese Fragen nur zu gut: „Wo sind die Bühnen, auf denen ich Live-Erfahrung sammeln kann? Wo finde ich das Publikum, das den Schweiß und die Tränen meines musikalischen Selbstfindungsprozesses mit seinen offenen Ohren vergilt?“ Oft klafft ein Abgrund zwischen dem geschützten Raum der Musikhochschule, wo jede jeden kennt, und der Konzertlandschaft da draußen, wo alle um die rare Gunst der Veranstalter buhlen müssen.
Um die jungen Musikstudierenden nicht mit dem frischen Zeugnis in der Hand in diesen Abgrund schubsen zu müssen, veranstalten die Musikhochschulen Mainz, Mannheim und Stuttgart gemeinsam mit jeweiligen lokalen Clubs das „Jazz College“.
Jede Hochschule schickt – nach einem internen Contest – jeweils eine Band zu diesem gemeinsamen Konzertabend, den wir vom SWR als Medienpartner begleiten. Das Samuel Restle Oktett, Mobilé und SMUK haben dabei in der Alten Feuerwache den Jazz-Fächer in all seiner Pracht ausgebreitet.
Das Samuel Restle Oktett verbindet die klangliche Tradition klassischer Bigbands mit der Transparenz der kleinen Besetzung. Samuel hatte sein Ensemble mit der eher unüblichen Größe während seines Studiums in Stuttgart gegründet – aus seiner WG heraus: Sein damaliger Mitbewohner Lucas Klein sitzt jetzt noch am Schlagzeug, die anderen Mitglieder hat Samuel aus dem Kreis seiner Freunde und Mitstudierenden rekrutiert.
Samuels Kompositionen sind geschmackvoll mit einer großen Liebe zu warmen Klängen und einem fein ziselierten Instrumentalsatz, bei dem alle im Ensemble auch mal einzeln leuchten dürfen. Vor kurzem haben die souverän zusammenspielenden Stuttgarter ihre Aufnahmen fürs erste gemeinsame Album abgeschlossen, was Bandleader Samuel Restle sehr glücklich macht, auch wenn ein Veröffentlichungsdatum bisher noch nicht feststeht.
Von der Wurzel zu den Blättern im Wind
Nach dem erdig-traditionsbewusstens Klang des Oktetts sausen die Mainzer*innen von Mobilé am Jazz-Stammbaum hoch ins schillernde, groovende Blätterdach von Funk und Soul, in der hier und da ein wenig Hip-Hop Attitüde durchscheint.
Der Name ist Programm: Wie bei einem Mobilé bewegen sich ihre Kompositionen mal hierhin, mal dorthin, wirken dabei aber immer ausbalanciert. Alle Fünf leuchten im Gesamtklang mit den jeweils eigenen künstlerischen Farben immer wieder funkelnd auf.
In den kurzen Tracks von Mobilé können die Musizierenden freidrehen und stillstehen. Sie versprühen eine charmante Unruhe und Lebhaftigkeit die selbst in getragenen Soloparts unterschwellig spürbar ist.
Die nachfolgende Band liefert dann das Kontrastprogramm: SMUK, das Mannheimer Sextett um Schlagzeuger Micha Jesske, schafft mit verschlungenen Strukturen und kleinteiligen Notenwerten ein Gesamtbild von großer Ruhe und Gleichmäßigkeit. Das liegt zum einen an der Länge der Stücke, zum anderen an der Verschränkung der Takt- und Tonarten, die wie Zahnräder ineinandergreifen.
Das perfekte Gewebe
SMUK bedeutet schlicht und einfach „schön“ auf dänisch und das beschreibt den Klang der Truppe schon recht gut. Durch, sphärische Ausbrüche und versierte Solokunst sind SMUK aber nicht nur schön, sondern wirklich interessant.
Die Souveränität der Gruppe ist bemerkenswert – jedes Pattern, jedes Solo fügt sich zu einem Gewebe, in das man sich als Zuhörender fallen lassen und dabei viel entdecken kann.
Für die Mannheimer war das Konzert Teil ihrer Release-Tour. Erst ein paar Tage zuvor war ihr erstes Album erschienen. Ganze zwei Jahre ist das von den Aufnahmen bis zur Veröffentlichung gereift. Ein schwieriger Prozess, gerade auch für Komponist Jesske, der lange mit sich und dem Sound gerungen hat. Heute würde er zwar bei den Stücken einiges anders machen, meint er, aber er ist trotzdem sehr stolz auf die Platte.